Gestürzter Kartoffelkuchen oder Tarte Tatin, dreimal verkehrt





Please scroll down for the recipe in English...

Bei meinem neuen Beitrag für das Springlane-Magazin ist alles ein bisserl anders herum, nachdem die Fischplatte, die ich zum Testen bekommen habe, sich als außerordentlich vielseitig erwiesen hat. Aber lesen Sie selbst...

Meine Tarte Tatin ist in dreierlei Hinsicht verkehrt... einmal, weil sie so gehört... verkehrt herum eben. Zweimal, weil sie nicht, wie üblich, mit Äpfel und süß gemacht ist, sondern pikant, mit Kartoffeln. Und dreimal, weil die Form in der ich sie gebacken habe, eigentlich keine Tarteform ist, sondern eine ovale Servierplatte für Fisch. Wer sagt, dass eine Tarte immer rund sein muss? Und wer sagt, dass auf einer Fischplatte nicht auch ein Kuchen gebacken werden kann? Ich liebe Alleskönner. Darüber habe ich schon einmal hier geschrieben...
"... ich hasse Dinge, die einem einzigen Zweck gewidmet sind. Ich habe es gern multifunktional. Eine Schüssel ist brauchbar, wenn sie als Salatschüssel gut dasteht, aber auch als Pastaschüssel taugt, und wenn sie dann noch als Suppenschüssel durchgeht, dann mag ich sie."
Ich würde meine Aussage an dieser Stelle gern ergänzen... eine Fischplatte ist eine sinnvolle Anschaffung, wenn sie nicht nur dem Servieren von Fischen dient, sondern diese auch braten, backen und dünsten kann, und wenn sie dann noch als Tarteform taugt, ist sie von wahrem Nutzen. Der eigentliche Härtetest besteht also nicht darin schnöden Fisch zu braten, sondern die Frage zu klären... 'Kann das Teil sonst noch was?', weshalb ich am Wochenende darin, ganz unorthodox, eine Tarte Tatin gebacken habe, aus Kartoffeln wohlgemerkt, denn die Äpfel waren aus. 

Grundsätzlich ist der Trick bei einer französischen Tarte Tatin, dass sie verkehrt herum gebacken wird, also mit dem Belag nach unten, wodurch der Boden nicht aufweicht. Die Früchte, meistens Äpfel (franz. pommes), werden zuerst in Butterkaramell geschmurgelt, anschließend in die Form geschlichtet und mit Teig abgedeckt. Die Säfte sammeln sich beim Backen am Boden der Form und verkochen sich mit dem Karamell zu einem süßen, pickigen Sirup. Nach dem Backen wird die Tarte dann auf einen Teller gestürzt. So werden die Früchte, hokuspokus, mit dem Karamellsirup wie von Zauberhand glasiert und der Boden bleibt resch und knusprig.

Muss doch auch mit Kartoffeln (franz. pommes de terre) gehen, dachte ich mir, Pomme ist Pomme. Also habe ich für die Kartoffeln ein salziges Bad aus Karamell und Olivenöl vorbereitet, mit Essig gesäuert, ordentlich Bier reingeschüttet, mit Sesam und Sojasauce gewürzt und zum Schluss noch Rosmarin und Knoblauch reingestopft, weil beides gar so gut zu Kartoffeln passt. Klingt ein bisserl schwanger, n'est-ce pas? Aber ich verspreche Ihnen, Sie werden am Ende nicht den leisesten Hauch einer Disharmonie verspüren.

  • 800 g speckige Kartoffeln (festkochend)
  • 2 EL Olivenöl
  • 50 g Kristallzucker
  • 50 g Butter
  • 50 ml milder Essig - z.B. Apfelessig
  • 1 gestrichener TL Salz
  • 100 ml Bier
  • 1 EL Sojasauce
  • 5 Zehen Knoblauch
  • ein paar kleine Zweige Rosmarin
  • Sesamkörner, hell und dunkel
  • 1 Packung Blätterteig
  • geriebene Muskatnuss

1 Backrohr auf 180°C vorheizen.

2 Kartoffeln schälen und in möglichst gleich dicke Scheiben schneiden von ungefähr 2 cm. In eine Schüssel geben, mit Olivenöl beträufeln und vermengen. Knoblauchzehen schälen und halbieren, beiseite stellen.

3 Das Karamell entweder in einem seperaten Topf oder so wie ich gleich in einer geeigneten Tarteform zubereiten, wenn Sie eine haben. Dafür den Zucker in den Topf streuen sodass dieser möglichst gleichmäßig den Boden bedeckt. Auf den Herd stellen und bei mittlerer Hitze langsam erwärmen, bis der Zucker beginnt zu schmelzen. Rühren Sie dabei auf keinen Fall um und seien Sie geduldig. Es dauert! Wichtig ist eine moderate Hitze, da das Karamell leicht verbrennt und bedenken Sie, dass Karamell sehr heiß ist! Greifen Sie es daher auf keinen Fall an und sorgen Sie dafür, dass keine Kinder in der Nähe sind (Für Ungeübte: Über die Grundlagen des Karamellisierens und meine persönlichen Erfahrungen habe ich hier schon einmal ausführlich geschrieben). Sobald der Zucker geschmolzen ist und eine goldbraune Farbe bekommen hat, geben Sie die Butter dazu, anschließend das Salz, den Essig, Sojasauce und Bier. Alles aufkochen lassen und zwei bis drei Minuten sanft köcheln lassen, bis eine homogene Sauce entstanden ist. Dann die Kartoffeln einlegen, Deckel aufsetzen und für ungefähr 20 Minuten in den Ofen schieben.

4 In der Zwischenzeit bereiten Sie den Teig vor. Ein paar Rosmarinnadeln von den Zweigen zupfen und sehr fein hacken. Rollen Sie den Blätterteig aus, bestreuen Sie ihn mit Salz, geriebener Muskatnuss und dem gehackten Rosmarin. Drücken Sie die Gewürze mit der Hand oder einem Nudelwalker gut fest. Den Teig wieder einrollen und im Kühlschrank bis zur Verwendung aufbewahren.

5 Form aus dem Ofen nehmen. Die Kartoffeln sollten nun fast gar sein, aber innen noch guten Biss haben. Die Sauce sollte sich zu einem dicklichen Sirup verkocht haben und mindestens einen halben Zentimeter hoch in der Form stehen. Einerseits saugen die Kartoffeln beim Abkühlen noch viel auf, andererseits reduziert sich der Sirup beim Backen noch weiter ein. Ist zuviel Sauce vorhanden und diese zu dünn, lassen Sie sie auf dem Herd noch etwas einreduzieren. Haben Sie das Gefühl sie ist schon zu dick, geben Sie noch etwas Bier hinzu, sonst haben Sie am Ende keine Glasur und der Belag blieibt in der Form picken. Das hängt alles ein bisserl von der Kartoffelsorte ab.

6 Wenn Sie einen seperaten Topf benutzt haben, verteilen Sie nun die Karamellsauce am Boden einer  Tarteform (keine Springform verwenden, da diese nicht dicht sind). Streuen Sie den Sesam ein und schlichten Sie die Kartoffeln möglichst dicht in die Form. Bedenken Sie, dass nach dem Stürzen die Unterseite oben liegt. Stopfen Sie den Knoblauch und die Rosmarinzweige in die Zwischenräume.

7 Legen Sie nun den Blätterteig mit der gewürzten Seite nach unten über die Kartoffeln. Kappen Sie die überstehenden Ecken und rollen Sie die Ränder auf, sodass der Teig in die Form passt. Das darf ruhig ein bisserl schlampert sein, weil es so hübscher aussieht. Stechen Sie den Teig mit einer Gebel oder einem Messer einige Male ein, damit die Flüssigkeit beim Backen abdampfen kann.

8 Schieben Sie die Form nun für ungefähr 25-30 Minuten wieder zurück in den Ofen bis der Teig eine schöne goldbraune Farbe angenommen hat. Die abgeschnittenen Ecken backen Sie auf einem Blech mit. Die dürfen Sie dann als erstes essen.

9 Anschließend, und das ist jetzt wichtig, lassen Sie die Tarte ungefähr 5 Minuten abkühlen, nicht mehr und nicht weniger. Erst dann stürzen Sie sie auf eine Platte oder ein Brett. Dafür zuerst das Brett verkehrt auf die Form legen (!!!), auf beiden Seiten gut anpacken und mit einem Schwung umdrehen. Dabei kann die eine oder andere Kartoffel hängen bleiben. Macht aber nix, die stopfen Sie wieder zurück. Ich habe die Tarte zum Servieren wieder zurück in die Form gegeben, da das Gusseisen die Wärme gut hält. Zwecks Behübschung dürfen Sie nun auch noch extra Sesamkörner und Rosmarinnadeln darüber streuen. Auf jeden Fall würde ich Ihnen ein kühles Bier dazu empfehlen und vielleicht einen sonnigen Sitzplatz im Garten oder auf der Terrasse.

Weiterführende Links...
Sollte es Sie doch nach einer klassischen, süßen Tarte Tatin mit Äpfel gelüsten, dann kann ich Ihnen dieses Rezept (klick) von der Frau Neudecker empfehlen. Und die Alexandra vom Roughcutblog hat kürzlich eine Karottentarte (klick), ebenfalls zweckentfremdet, in Ihrem Schmortopf gebacken, wodurch sie mich erst auf die Idee gebracht hat und nein, es sind keine Würschtl, falls wer fragt.


Recipe in English...

Caramelized Potatoe Tarte Tatin with Sesame and Rosemary

I don't like kitchen tools that have only one single use. I prefer allrounders in my kitchen. A bowl is a good one, when it serves salad as well as pasta or even soup. My new iron-cast fish plate for example is  such a multi-talented thing, as it recently turned out. I made a tarte tatin in it and it worked well. My tarte became special in many ways. Who says a tarte has to be circular? And who says, a tarte tatin has to be sweet? Mine is savory and made of potatoes. Let them take a bath in caramel and olive oil, give spice to them with a little bit of vinegar, beer and soy sauce, and finally add aroma with rosemary and garlic. That sounds pregnant? Be sure, at the end all flavours will be in perfect harmony.

  • 800 g waxy potatoes
  • 2 tablespoons olive oil 
  • 50 g of granulated sugar 
  • 50 g butter 
  • 50 ml mild vinegar
  • 1 teaspoon salt 
  • 100 ml beer 
  • 1 tablespoon soy sauce 
  • 5 cloves of garlic 
  • a few small sprigs of rosemary 
  • sesame seeds, light and dark 
  • 1 pack of puff pastry 
  • grated nutmeg

1 Preheat the oven to 180 ° Celcius.

2 Peel the potatoes and cut it into thick slices of about 2 cm. Give them into a bowl and drizzle with olive oil. Peel garlic cloves, cut in half and set aside.

3 Make the caramel either in a separate pan or directly in an oven-proof pie dish. Line the pan with the sugar and heat slowly over medium heat until the sugar begins to melt. Don't stir and be patient! This will take a while. Take care that the sugar will not burn and keep in mind that caramel is very hot. Once the sugar has melted and get a nice golden brown color, add the butter, salt, vinegar, soy sauce and beer. Bring to the boil and let simmer for two to three minutes until it thickens a little bit. Then add the potatoes, put on the lid and bake in the oven for about 20 minutes.

4 In the meantime, prepare the pastry. Finely chop the needles of the rosemary. Roll out the puff pastry, sprinkle with some salt, grated nutmeg and the chopped rosemary. Press the spices with your hand or a rolling pin firmly. Then roll it up again and store in the refrigerator until further use.

5 When the potatoes are done, remove them from the oven. The sauce should be thick and glossy but you need at least half a centimeter of it in the pan. Otherwise the tarte will become dry without glaze. If the syrup is not enough or too thick, add more beer. This depends a little bit of the potatoes.

6 If you have used a separate pot, spread the caramel sauce on the bottom of a pie dish (do not use a spring-form, as these are not tight). Sprinkle in the sesame and layer the potatoes as close as possible. Fill the spaces with garlic and rosemary sprigs.

7 Now cover with the pastry and thuck in at the edges. Prick the pastry with a fork all over, so the liquid can evaporate.

8 Bake in the oven for about 25-30 minutes until the crust is golden brown.

9 Leave to cool for about 5 minutes (!!!) Then invert the tarte by using a serving plate. Sprinkle with some more sesame seeds, rosemary needles and salt flakes if you like and serve lukewarm with ice-cold beer.


Greetings from Vienna. Yours truly, Mrs Ziii

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Lieben Gruß aus Wien von Frau Ziii

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11 comments:

  1. Wow, was für ein tolles Rezept.. Und superschöne Bilder :) Gefällt mir sehr gut!
    LG
    Ela

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  2. HAAALÖLEEEEE hab grad DEIN BLOG endeckt.::
    SOOOOOOO genial::: GFALLT ma volle guat..
    hab di glei gschpeichert..damit i nix versäum:::
    LOS da no an liaben GRUAß do aus TIROL de BIRGIT:::

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    1. Für Dich auch liebe Grüße nach Tirol... in Wienerisch trau' ich mir das jetzt nicht zu schreiben ;-)

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  3. Was für eine inspirierte Idee. Diesem Rezept werde ich einen der nächsten Tage widmen, ich liebe alle Arten von Pommes...

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  4. Miz Threefivesix, ich hoffe die Tarte gelingt... ob mit solchen oder solchen Pommes :-)

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  5. Liebe Frau Ziii,
    beim Lesen hatte ich praktisch schon den verführerischen Geruch in der Nase :-).
    Aber was mache ich, wenn ich keine Form mit Deckel habe? Meine herkömmliche Tarteform mit Alufolie abdecken?
    Frühlingshafte Grüße aus Deutschland,
    Helga

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  6. Liebe Helga, für das Backen der Tarte selbst brauchst Du den Deckel nicht. Für das Vorbereiten der Kartoffel kannst Du jeden beliebigen Bräter oder Topf mit Deckel nehmen, den Du hast oder Du nimmst eine Alufolie. Ist auch gut. Allerdings wird dabei etwas mehr Flüssigkeit verdampfen. Das musst Du berücksichtigen. Ich würde die Temperatur vielleicht auf 150 Grad reduzieren und ein bisserl mehr Bier dazugeben. Beim Backen selbst ist ja der Teig der Abschluss. Da kommt ohnehin kein Deckel drauf. Lieben Gruß von Frau Ziii

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  7. Frau Ziii, mein Liebling Ottolenghi hat auch so eine Kartoffel-Tarte-Tatin in seinem berühmten Buch rezeptiert. Da bin ich schon völlig hin und weg gewesen - ich lieb nämlich Kartoffeln. Und jetzt auch noch das hier bei Ihnen, werte Frau Ziii! In einer Fischplatte! Ich hab die ottolenghische Tarte Surprise natürlich sofort nachgebacken und war ganz angetan. Schauen Sie doch gerne mal bei dieser Version vorbei: http://sugarprincess-juschka.blogspot.de/2013/04/tarte-tatin-surprise-yushka-kocht-yotam.html
    Liebe Grüße aus dem blühenden Kraichgau,
    Yushka

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    1. Yushka, Deine Kartoffeltarte schaut super aus., was mich darauf bringt, dass ich wieder mal meine Ottolenghis auspacken könnte. Habe schon lange nicht mehr daraus gekocht. Lieben Gruß von Frau Ziii

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  8. Wow, Deine Variation macht einen super Eindruck! Solche Sachen mögen wir. Ich muss mal mit meiner Frau über ein neues Rezept sprechen ;-)

    Gruß,
    Jens

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