Eigentlich wollte ich Sie diesen Sommer mit einem Haufen Pfirsichrezepten beglücken. Der Gedanke kam mir bei meinem letzten Ausflug in die Wachau, das war... wen wundert's... zur Zeit der Marillenreife. Fast wäre ich zu spät gekommen, es dämmerte bereits der August. Doch da der späte Vogel am allerspätesten Erntewochenende früh genug aus den Federn hüpfte, fing auch er einen Wurm... so oder so ähnlich... und als Belohnung gab es zu den letzten Marillen noch die ersten Pfirsiche und Birnen obendrein.
Was zum Kuckuck ist also passiert, dass ich erst jetzt mit einem Pfirsichkuchenrezept daherkomme, wo doch die Saison, zumindest in Österreich schon so gut wie vorüber ist. Die Gänse jedenfalls waren nicht daran schuld. Die liefen mir im Obstgarten nur zufällig ins Bild.
So kam es, dass aus dem Topfenrest der Marillenknödel ein schneller Topfenblätterteig nach dem Rezept meiner Oma wurde und dieser wiederrum landete auf den Pfirsichen. Umgedreht ergab sich auf diese Weise ein Tarte Tatin ähnlichesDingsbums und weil der Lavendel auf meiner Terrasse zu dieser Zeit so schön blühte, kam letzten Endes ein gestürzter Pfirsichkuchen mit Lavendelduft dabei heraus.
Dieser gelang mir so gut, dass der Herr Ziii meinte, es sei der beste Kuchen, den ich je gebacken habe. So positiv äußert er sich sonst nie über mein Backwerk, weswegen ich das Rezept einerseits schnell wiederholen und andererseits auf meinem Blog niederschreiben wollte. Zum Glück rief mich tags darauf die Frau Brunner vom Bio-Obsthof in Prottes an und berichtete mir freudig, dass ihre Weinviertlerischen Pfirsiche so weit wären, woraufhin ich mir gleich einen ganzen Kofferraum voll davon abholte. In den nächsten drei Wochen arbeitete ich dann fieberhaft an der Perfektionierung des Rezepts um am Ende draufzukommen, dass ich mir das ganze Theater sparen hätte können, weil...
- der erste Kuchen sowieso der beste war
- es dem Herrn Ziii nach dem fünften Kuchen grauste
- die Pfirsichsaison Ende August gelaufen ist und sich kein Mensch mehr für einen gestürzten Pfirsichkuchen interessiert
- die untere Hälfte des Rezepts (der Topfenblätterteig meiner Oma) schon in meinem Kochbuch steht
- und die obere Hälfte - also die Sache mit dem Belag - Micha vom Blog "Salzkorn" hier bereits ausführlich beschrieben hat.
So bleibt mir nur noch Sie darauf hinzuweisen, dass das Rezept mit Zwetschken sicher auch funktioniert und zu erwähnen, dass das coole Teil auf dem unteren Bild neuerdings in meiner Studioküche steht und mir in 50 Sekunden einen streichelweichen Topfenblätterteig rührt, dass es eine Freude ist. Damit wäre die erste Katze aus dem Sack (ich hab noch mehr :-) Sie können es wahrscheinlich schon erraten, dass die Firma SMEG einer der Sponsoren meines funkelnagelneuen Studios ist, ohne deren großzügige Unterstützung ein derartiges Projekt nicht leistbar gewesen wäre.
Gestürzter Pfirsichkuchen mit Lavendelduft
Tarte Tatin ist ein klassischer Kuchen aus der französischen Küche. Der Trick ist, dass er "verkehrt" gebacken wird, also mit dem Obstbelag unten und der Teigschicht zuoberst. Die Früchte werden vorher in Zucker und Butter gebadet, wodurch nach dem Stürzen auf der Oberfläche des Kuchens eine süße, klebrige Karamellschicht entsteht. Erst nach dem Backen wird er umgedreht, was den entscheidenden Vorteil hat, dass der Boden länger knusprig bleibt. "Normale" Mürbteigtartes mit Obstbelag neigen dazu am Boden aufzuweichen, wenn der Teig nicht vorgebacken wird.
Es hilft anfangs ein bisserl Glück und mit der Zeit ein wenig Übung. Die Herstellung ist etwas trickreich. Die Kunst ist die richtige Konsistenz des Karamells und der Zeitpunkt des Stürzens. Das Karamell darf nicht zu flüssig sein, sonst rinnt es beim Stürzen davon, ist es zu fest, bleibt der Belag in der Form picken.
Traditioneller Weise wird der Kuchen mit ungesüßten Mürbteig (Pâte Brisée) und Äpfel gebacken, jedoch existieren viele Varianten. Manche schwören auf Blätterteig und es gibt sogar Versionen mit karamellisierten Tomaten, Karotten oder Rüben. Warum also nicht auch Topfenblätterteig und Pfirsich?
Mein erster Verbesserungsversuch ging dahin mehr Obst zu verwenden. Ich wollte einen dicken, möglichst lückenlosen Fruchtbelag. Jedoch stellte ich schnell fest, dass der eigentliche Star in meiner Version der Teig ist, weswegen mir die erste Variante, bei der ich zuwenig Pfirsiche hatte, am besten gelungen ist und dabei auch der Boden am längsten knusprig blieb. Das untere Foto entstand bei Versuch Nummer zwei. Die Früchte waren geviertelt und sehr dicht gelegt, was sich zwar nicht bewährt hat, aber sie können darauf gut die Menge und Konsistenz des Karamells erkennen, das sich am Boden der Form befinden sollte, bevor sie den Kuchen mit der Teigschicht bedecken und im Ofen backen. Außerdem lässt sich auf dem Foto die Qualität der Pfirsiche erahnen, die Vorraussetzung für das Gelingen des Kuchens ist. Reife, saftige müssen es sein, die sich sogar unblanchiert mit dem Messer enthäuten lassen.
Ah ja, und nochwas lässt sich auf dem Foto gut erkennen: die perfekte Tarte-Tatin-Form, die eigentlich ein Pizzablech ist! So möchte ich an dieser Stelle gleich einen weiteren Sponsor erwähnen, nämlich das österreichische Traditionsunternehmen RIESS Emaille. Wie Sie sicher wissen, begleitet mich diese Firma bereits seit geraumer Zeit, genaugenommen seit meiner Kindheit. Ich liebe dieses traditionelle Kochgeschirr, mit dem meine Oma schon gekocht hat, in allen Formen und Farben und ohne Emailletöpfe und Gugelhupfformen geht auch bei meinem Studioprojekt nichts.