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Immer brav sein is' a fad. Zur Abwechslung brauche ich etwas Sündiges und wenn das Laster dann noch so frömmelnd luftig leicht wie eine Pavlova daherkommt, plagen mich auch keinerlei Schuldgefühle.
Die göttliche Süßspeise stammt nicht, wie einer jetzt vielleicht meinen könnte, aus Russland, sondern vielmehr aus dem englischsprachigen Raum und ist dort ‚pretty famous’. Vor allem in Australien und in Neuseeland ist das flauschige Kuchenetwas aus Eiklar und Zucker so etwas wie ein Nationalgericht. Die beiden Länder streiten sich sogar darum, wer es erfunden hat. Benannt wurde das Dessert nach der russischen Ballerina Anna Pavlova, deren Tütü angeblich so sanft und zart wie ein weißes Wölkchen über die Bühne schwebte. Es besteht aus einer Art süßem Baiserboden, einer dicken Schicht ungezuckertem Schlagobers und einem möglichst sauren Fruchtbelag als Ausgleich zur Süße. Häufig werden Maracujas oder andere Passionsfruchtarten verwendet, die im warmen Klima Australiens ganz wunderbar gedeihen.
Der wesentliche Unterschied zu einem Baiser ist, dass die Masse nicht vollständig durchgebacken wird. Eine Pavlova hat außen eine knusprige Hülle, im Inneren ist sie jedoch weich und klebrig. Der englische Ausdruck dafür ist ‚marshmallowy’, was eh schon alles sagt, und genau darin liegt auch die Tücke dieses Desserts. Der Pudel hat also einen Kern. Nie war meine Pavlova so wie sie sein sollte. Doch aufgeben wollte ich sie nicht. Ihr Anblick vesetzt mich jedesmal aufs Neue in Entzücken... so ein Anmut, so eine Grazie, welch ein Liebreiz. Neuerdings, und nun kommen wir zum wesentlichen Punkt, hält meine Pavlova auch innerlich, was sie rein äußerlich verspricht. Ich habe nämlich letztes Wochenende eine Versuchsreihe gestartet, um unter Berücksichtigung aller Faktoren, endlich mein persönliches Pavlovaoptimum aus dem Backrohr zu holen. Heißluft, ja oder nein, wer hat Recht bezüglich der Backdauer und der Ofentemperatur, exakte Zuckermenge, wieviel Säure, wieviel Stärke... es gab eine Menge zu klären. Zwei Tage lang machte sich das Chaos in der Küche breit, ich mittendrin, den gezuckerten Eischnee bis zum Haaransatz und das Glas Essiggurkerl griffbereit. "Na, eskaliert's heut' wieder ein bisserl?" fragte der Herr Ziii, kurz auf der Durchreise, in Anspielung auf meine frühjährlichen Diätpläne und das Ausg'schau in meiner Küche. "Geh Du doch wieder Fußball schauen!" sagte ich, denn was weiß ein Mannsbild schon von weiblichen, hormonbedingten Blutzuckerschwankungen?
Ich gab jedenfalls alles. Die Küchenmaschine im Dauereinsatz, schob ich eine Pavlova nach der anderen ins Rohr. Und dann stand sie plötzlich vor mir, diese unfassbare Schönheit, leicht bedeckt mit Maracujacurd und Schlagobers... Sie war perfekt!... Eine Wohlgestalt, resch und knusprig, im Innersten jedoch flauschig weich. Rein und weiß wie Gretchens Unschuld offenbarte sie mir ihre Seele.
"Boa, was is'n das für ein geile Schnitte?" frohlockte der Herr Ziii, abermals auf der Durchreise, und riss sie gierig an sich. Dann stopfte er das Zuckerwerk in sich hinein, mit einer Leidenschaft, dass ihm hernach das Schlagobers rund ums Goscherl pickte. Und so ward sie einfach aufgegessen, die Schöne, die Begehrenswerte, die Vergängliche. Ja, brav sein ist manchmal wirklich schwer und schlimm sein in diesem Fall ein ganz besonderes Vergnügen.
Für die Pavlova...
- 110 g Eiklar (von ca. 4 Eiern der Größe M)
- 220 g Staubzucker (doppelte Menge wie Eiklar)
- 1 Messerspitze Salz
- 1 TL Vanilleextrakt
- 2 TL Reisessig oder eine andere milde Essigsorte
- 2 TL Stärke (Maizena)
Für das Maracujacurd...
- 4 Eidotter
- 80 g Staubzucker
- 120 ml Maracujasaft - am besten aus frischen Maracujas, möglichst verrunzelt, weil sonst sind sie nicht reif
- 60 g Butter
Zur Fertigstellung...
- 200 - 250g Schlagobers - also einen Becher
- 1 Maracuja extra
Eiklar unbedingt abwiegen. Das Gewicht ist je nach Ei höchst unterschiedlich, selbst in der gleichen Gewichtsklasse. Außerdem sammle ich das Eiklar oft im Kühlschrank. Nach zwei Wochen weiß ich dann halt nicht mehr, wieviel es tatsächlich waren. Die Zuckermenge ist immer doppelt so viel, wie Eiklar. Damit die Pavlova schön 'marshmallowy' geling, wird der Baisermasse Essig und Stärke zugesetzt. Don't worry! Den Essig schmeckt man nachher nicht, sofern Sie einen eher milden verwenden. Auf zwei Eiklar kommen ungefähr 1 TL Essig und 1 TL Stärke.
Das Eiklar muss völlig sauber sein, darf also keine Dotterreste enthalten oder irgendwie sonst mit Fett in Berührung kommen. Es lässt sich sonst nicht aufschlagen. Reinigen Sie die Rührschüssel und den Besen daher vorher mit Essig oder Zitronensaft. Einfach einen Teelöffel Säure in die Schüssel geben und mit einem Küchentuch auswischen. Mit dem Tuch nachher den Besen reinigen.
Entscheidend für die richtige Konsistenz ist die Backdauer, habe ich festgestellt. In vielen Rezepten ist diese viel zu lange angegeben. Das Innere wird dadurch zäh oder gar ganz fest wie bei einem Baiser. Am zuverlässigsten waren die Zeitangaben von Nigella Lawson, wie zum Beispiel in diesem Rezept von ihr. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass das von Ofen zu Ofen ein bisserl variiert. Vielleicht führt je erst der zweite oder dritte Versuch zur perfekten Pavlova. Auf jeden Fall aber keine Heißluft oder das Rohr während des Backvorganges öffnen.
Während des Backens und auch nachher reißt die Pavlova auf und das soll und muss sie auch tun. Das sieht hübsch aus und gehört zu den Kennzeichen einer guten Pavlova. Ich habe mich anfangs von solchen Fotos, wie jenes der von mir hochgeschätzten Donna Hay in die Irre leiten lassen. Diese Pavlova hat ein Backrohr wahrscheinlich noch nie von innen gesehen. Foodstylisten leisten manchmal ganze Arbeit ;-) Außerdem kann durch die Risse die Feuchtigkeit aus dem Inneren entweichen. Überhaupt ist das mit der Feuchtigkeit so eine Sache. Zur Aufbewahrung ist die Pavlova nicht wirklich geeignet, weder mit Belag noch ohne. Sie zieht Feuchtigkeit und wird zäh. Für mich zählt sie daher mehr zu den Süßspeisen und Desserts, denn zu den Kuchen. Am besten frisch machen oder zumindest am selben Tag, an dem sie gegessen wird.
Zubereitung der Pavlova...
1 Backofen auf 180°C vorheizen (keine Heißluft!)
2 Eiklar und Salz mit dem Mixer aufschlagen, bis es leicht schäumt. Anschließend, unter ständigem Rühren, den Zucker in kleinen Mengen einrieseln lassen. Dann die Eiweißmasse noch gut 10 Minuten weiterrühren. Geduld, es dauert! Das Eiweiß wird so fest, dass ein Löffel drin stecken bleibt. Um zu überprüfen, ob der Zucker sich vollständig aufgelöst hat, zerreiben Sie eine kleine Portion zwischen ihren Fingern. Spüren Sie dabei noch Zuckerkristalle... weiterrühren, bitte! Am Ende sollten Sie eine homogene, glänzende Baisermasse haben.
3 Zum Schluss den Vanilleextrakt und den Reisessig dazugeben. Die Stärke am besten mit einem kleinen Teesieb einstreuen. Alles behutsam von Hand unterheben. Wirklich vorsichtig und nur ganz kurz!
4 Die Baisermasse auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech geben und mit einem Löffel kreisrund und ungefähr 5 cm hoch verteilen. Dabei schöne Spitzen ziehen. In der Mitte eine kleine Mulde für den Belag formen.
5 Die Pavlova ins Backrohr schieben (unterste Schiene) und die Hitze dabei von Beginn an auf 120°C reduzieren. Nach einer Stunde den Ofen abschalten, aber das Backrohr nicht aufmachen. Ungefähr zwanzig Minuten später das Backrohr leicht öffnen (Kochlöffelstiel einschieben) und die Pavlova noch mindestens eine halbe Stunde auskühlen lassen.
Maracujacurd...
1 Die Marucujas halbieren und mit einem Löffel auskratzen. In ein Sieb geben, Schüssel darunter stellen und mit einer Teigkarte oder einem großen Löffel so gut es geht durch das Sieb streichen. Sie brauchen für das Curd ungefähr 120 ml.
2 Eidotter und Zucker in eine Rührschüssel geben. Mit dem Handmixer schlagen bis der Zucker sich aufgelöst hat und die Eier hell werden. Dann den Maracujasaft dazu geben und gut verrühren.
3 Anschließend ein Wasserbad bereiten. Dafür eine Metallschüssel mit möglichst rundem Boden auf einen passenden Topf stellen. Den Topf mit Wasser füllen und darauf achten, dass das Wasser den Schüsselboden nicht berührt. Allein der Dampf soll die Creme von unten wärmen. Die Masse in die Schüssel geben und das Wasser im Topf zum Köcheln bringen. Währenddessen mit einem Kochlöffel oder, noch besser, einem Gummihund ununterbrochen rühren. Dabei darauf achten, dass Sie die Masse vom Boden immer wieder aufrühren. Durch das Erwärmen dickt die Ei-Zucker-Mischung ein, wobei es allerdings den Punkt des No Return gibt und der liegt bei genau 85 Grad. Dann nämlich stockt das Ei und Sie produzieren unvermeidlich Eierspeis. Achten Sie also darauf, dass die Masse nicht zu heiß wird und sich vor allem gleichmäßig erwärmt. Also rühren, rühren, rühren. Wird die Masse dick und schaumig, nehmen Sie die Schüssel daher schleunigst vom Topf und rühren noch kurz weiter, sodass sie leicht abkühlt.
4 Dann geben Sie die kalte Butter dazu und lassen diese, wieder unter Rühren, in der warmen Creme schmelzen. Das war's eigentlich schon. Das Maracujacurd können Sie gut vorbereiten und im Kühlschrank aufbewahren.
Fertigstellung...
Unmittelbar vor dem Servieren das Obers steif schlagen. Aber nicht so viel, wie Sie es vielleicht gewöhnt sind. Das Obers sollte sich mit einem Löffel noch gut verteilen lassen, aber nicht davon laufen. Maracujacurd auf der Pavlova verteilen und anschließend mit dem geschlagenen Obers bedecken. Die letzte Maracuja halbieren und die Kerne mit Hilfe einer Gabel über der Pavlova verteilen. Das Dessert sollte möglichst frisch gegessen werden, da die Baisermasse dazu neigt Feuchtigkeit aufzunehmen und zäh zu werden.
Na, wui! Ich hoffe, in Ihrer Küche schaut's jetzt nicht sooo aus...
Falls doch... die schmutzigen Schüsseln und Teller einfach an verschiedenen Plätzen im Haus verteilen. Nach spätestens einer halben Stunde ist alles piccobello sauber... und Salat gibt es morgen wieder... weil er muss auch einmal ein bisserl brav sein, gell?!
Noch mehr Tipps und Tricks...
Sie können statt einer großen Pavlova natürlich auch vier kleine machen. Die Backofentemperatur nach dem Aufheizen dann nur auf 150°C reduzieren. Backzeit 30 Minuten, dann abschalten und eine Viertelstunde bei geschlossener Tür im Ofen lassen. Anschließend noch bei leicht geöffneter Backofentür auskühlen. Mit dem gelben Maracujacurd in den Minipavlovas schaut das dann fast schon ein bisserl nach Ostern aus (siehe Instagrams)
Statt dem Maracujacurd können Sie auch Zitronencurd verwendet werden. Ein Rezept dafür habe ich schon einmal an dieser Stelle veröffentlicht. Es geht aber auch ganz ohne, also nur Schlagobers und frische Maracujas.
(Nachtrag: Auf meiner Facebookseite bin ich gefragt worden, wie ich beim Maracujacurd dieses intensive Gelb hinbekommen habe. Also, einerseits sind sehr viele Eidotter drin, da ich das Eiweiß ja für die Pavlova verwendet habe. Andererseits ist mir noch Folgendes eingefallen... Ich hatte beim Durchpressen der Kerne vier oder fünf von den üblichen Maracujas mit der dunklen Schale, wie sie auch auf den Fotos zu sehen sind. Es war aber auch eine sogenannte 'Gelbe Maracuja' dabei. Diese hat eine grüne Schale und die Kerne haben ein sehr intensives, fast schon ins Orange gehendes Gelb. Vielleicht lag es auch daran.
Außerdem ist mir noch eingefallen, dass sich Maracujacurd nicht nur für Pavlova, sondern auch sehr gut für Biskuitroulade verwenden lässt, wie ich hier beziehungsweise hier schon mal gesehen habe)
Recipe in English...
Pavlova with Passion Fruit Curd
Last weekend I tried to make 'the perfect pavlova'. It wasn't easy because pavlova is no traditional dessert here in Vienna. The first challenge was to find out what 'the perfect pavlova' actually is. Well, crispy outside, soft and marshmallowy inside. That's the point! The sweet base contrasts with the sourness of the fruits and the whipped cream adds richness to this wonderful dessert.
I guess, I have been sucessful. What do you think?
- 110 g egg whites (about 4 eggs)
- 220 g icing sugar
- 1 pinch of salt
- 1 tsp vanilla extract
- 2 tsp rice vinegar
- 2 tsp cornstarch
- 200 g heavy cream
- 1 glass of passion fruit curd (lemon curd would be nice, too)
1 Preheat oven to 180 ° C preheat (no fan).
2 Mix egg whites and salt with an electric mixer until it gets foamy. Then add the sugar, one teaspoon at a time, stirring constantly. Beat the egg whites until they form glossy, stiff peaks. This takes at least 15 minutes.
3 Sprinkle the vanilla extract, the rice vinegar and the cornstach on the mixture and gently fold by hand.
4 Place the meringue on a sheet of backing paper. Spread it about 5 cm high, forming a circle. Then create a crater in the center where you can fill in the curd later.
5 Reduce the heat in the oven to 120°C and bake the Pavlova for about 1 hour. Turn the oven off and leave the pavlova for about 20 minutes (door closed). Then slightly ajar the door and let the pavlova cool down completely.
6 In a deep mixing bowl, beat the heavy cream until soft peaks form. Don't overbeat it.
7 Spread the passion fruit curd onto the pavlova and cover with whipped cream.
8 Top with the passion fruit and serve immediately.
Greetings from Vienna. Yours truly, Mrs Ziii.
My Instagrams
Lieben Gruß aus Wien von Frau Ziii