Müsste ich meine Henkersmahlzeit wählen, würde ich mich für eine Hühnersuppe entscheiden. Zum einen, weil es für mich nix Besseres gibt und zum anderen, weil ich mich nicht entscheiden könnte, welche Variante es werden sollte. Das würde die Angelegenheit hinauszögern. Lieber eine klare Suppe mit Nudeln drin, oder eine dicke, mit Einmach? Vielleicht eine Hühnersuppe mit asiatischen Aromen oder aber die klassische Variante mit Wurzelgemüse? Wie auch immer, Optionen gäbe es viele und die Entscheidungsfindung würde sich furchtbar in die Länge ziehen. Letztendlich müssten wir auszählen, der Henker und ich... ene, mene, mu, die letzte Mahlzeit, die wärst Du...
Für den alltäglichen Gebrauch verwende ich Reste vom Hendl, wie den Rücken, Flügelspitzen oder ausgelöste Karkassen, auch Hühnerklein genannt. Eine solche Suppe taugt gut als Basis für Eintöpfe, Saucen oder ein kräftiges Risotto. Hin und wieder gönne ich mir aber den Luxus, die Suppe aus einem ganzen Huhn zu kochen. So manch einer empfindet dies als Verschwendung, doch eine solche Kostbarkeit kann durchaus für sich allein stehen. Wenn Sie darauf achten, dass das Huhn nicht zerkocht, ergibt das zarte Fleisch in Suppe serviert, eine vollständige Mahlzeit. Geschmacklich verhält es sich wie bei einer guten Rindsuppe. Das Geheimnis ist die Ausgewogenheit von Fleisch, Knochen und Mark. Mit Hühnerklein allein, kommen Sie nicht zum Ziel. Solchen Suppen fehlt die Reinheit und Noblesse einer echten Hühnersuppe, die aus einem ganzen Tier gekocht wird.

Hühnersuppe nach alter Schule
- 1 ganzes Biohuhn
- 1 große Zwiebel mit Schale
- 5 Karotten (von den kleinen, hübsche Karotten der Sorte Ochsenherz etwas mehr)
- 2 gelbe Rüben (gelbe Möhren)
- 3 Petersilienwurzel
- 1 kleines Stück Sellerie
- 1 Stück Lauch, ca. 10 cm
- 4 Zweige frische Petersilie
- 1 TL schwarze, ganze Pfefferkörner
- 2 Gewürznelken
- 2-3 getrocknete Lorbeerblätter
- frisch geriebene Muskatnuss
- Salz
(ergibt ungefähr 2 - 2,5 Liter Suppe, sodass Sie damit locker 5-6 Personen mit einem Hauptgericht versorgen können)
1 Das Huhn innen waschen um eventuelle Blutreste zu entfernen. Die Karotten, die gelben Rüben, die Petersilwurzeln und den Sellerie putzen, schälen und in grobe Stücke schneiden. Die Zwiebel halbieren und in einer Pfanne ohne Zugabe von Öl an den Schnittflächen sehr dunkel bräunen (Zwiebelschalen dabei nicht entfernen!)
2 Das Huhn in einen weiten Topf geben und mit soviel kaltem Wasser aufgießen, dass es knapp bedeckt ist. Nicht mehr, sonst schmeckt die Suppe kraftlos! (Sie brauchen ungefähr 2,5 - 3 Liter je nach Größe des Huhns). Zustellen und erhitzen. Kurz bevor das Wasser zu wallen beginnt, die Hitze zurückdrehen und den aufsteigenden Schaum mit einem Löffel sorgfältig abschöpfen.
3 Einen guten TL Salz dazugeben, ebenso die Pfefferkörner, die Nelken und die Lorbeerblätter. Zwiebel und Lauch zur Suppe geben. Einen Deckel schief aufsetzen, sodass durch einen kleinen Spalt noch Dampf entweichen kann und ca. 1 Stunde auf kleiner Hitze sanft dahinköcheln lassen. Die Suppe darf auf keinen Fall (!!!) stark wallend kochen, da sie sonst trüb wird. Nach 30 Minuten Garzeit, die Karotten, die gelben Rüben, die Petersilienwurzeln und den Sellerie dazugeben. Zu diesem Zeitpunkt kosten und falls notwendig die Suppe noch nachsalzen.
4 Nach insgesamt 1 bis 1 1/2 Stunden Garzeit sollte das Huhn fertig sein (sehr kleine Hühner eventuell auch schon früher). Holen Sie es mit einer Fleischgabel aus dem Topf und lassen Sie es auf einem Teller leicht auskühlen. Das Gemüse kann in der Zwischenzeit weiterköcheln bis es weich ist. Währenddessen das Huhn in kleinere Stücke tranchieren (meine Oma lässt die Haut dran, ich entferne sie vorher lieber, weil ich die letscherte Hühnerhaut nicht essen mag). Sie können das Huhn aber auch mit den Fingern zerpflücken. Es sollte sich problemlos vom Knochen lösen.
Für eine längere Aufbewahrung, geben Sie es in eine Schüssel und begießen es mit etwas Suppe, damit es nicht austrocknet.
5 Sobald das Gemüse weich ist, den Topf vom Herd nehmen und die Blattpetersilie einlegen. Die Suppe dezent mit geriebener Muskatnuss würzen und noch ein paar Minuten ziehen lassen.
6 Wollen Sie sofort servieren, fischen Sie einfach den Lauch und die Zwiebel heraus. Möchten Sie die Suppe aufbewahren, sollten Sie sie unbedingt abseihen und Suppe, Gemüse und Fleisch getrennt aufbewahren. Als Einlage können Sie das Fleisch, Nudeln oder Reis servieren.
7 Auf der Suppe bilden sich Fettaugen, die Sie nicht enfernen sollten. Sie tragen wesentlich zum Geschmack bei. Haben Sie jedoch ein außergewöhnlich fettes Hendl erwischt und bildet sich ein fast durchgängiger Fettspiegel, können Sie auch einen Teil davon abschöpfen. Aber nicht alles!
Noch einfacher geht es nach dem Erkalten. Das erstarrte Fett setzt sich an der Oberfläche ab und lässt sich ganz leicht abheben.
Noch ein paar Extratipps
Ene mene meck, jetzt is' sie weg!
Die Suppe, sie ist aufgegessen,
der Henker hat sich tot gefressen.
Raffiniert, gell?
Lieben Gruß aus Wien,
