Hollerlikör für alte Weiber und eine Überraschung
"Woran erkennt Frau, dass sie alt wird?", fragt mich letztens die Nachbarin, wie ich sie auf der Straße treffe und beantwortet sich die Frage auch gleich selbst. "Genau dann, wenn sie anfängt lieber noch einmal zurückzugehen um zu schauen, ob der Herd abgedreht ist", sprachs und verschwand wieder im Haustor. So gesehen habe ich meine Jugend verpasst, weil den Vogel hab ich schon lang. Nein, nein, Frau Nachbarin, erst wenn Du anfängst Likör zu trinken. Zumindest meint das der Opa, weil Likör ist was für alte Weiber. Darum stand die Flasche mit dem picksüßen Likör von der Frau Lederer auch ziemlich lange unbeachtet in seinem Schrank, irgendwo zwischen dem Whiskey und dem Zwetschkernen. Aber dann ist ihm aufgefallen, dass die Hälfte fehlt. Die Oma hat alles abgestritten. Sie war das ganz sicher nicht, weil ein Likör ist was für alte Weiber... und weil es im Haus ansonsten nur noch die Urle gegeben hat, konnte es eigentlich nur die gewesen sein. Der Opa hat dann angefangen auf der Likörflasche heimlich Stricherl zu machen und jede Woche hat wieder was gefehlt. Erst, wie in der Flasche nur mehr ein einziger, letzter Schluck drin war, ist die Flasche mitsamt ihrem letzen Schluck wieder im Schrank gestanden, als wär nix gewesen. Der Opa hat sie dann ausgetrunken, auf dem Sofa neben der Oma beim Fernschauen. Die war ganz entsetzt, dass die Flasche schon leer ist und hat den Opa geschimpft. Der hat am nächsten Tag einen neuen Likör gekauft. Dem ist, ganz komisch, ähnliches widerfahren, wie seinem Vorgänger...
Irgendwann ist die Urle dann gestorben, doch dubioser Weise leeren sich seither die Likörflaschen immer noch, nur halb so schnell wie vorher, aber stetig, wie von Geisterhand, bis auf einen einzigen, letzten Schluck. Den trinkt dann immer der Opa, auf dem Sofa neben der Oma, beim Fernschauen. Und am nächsten Tag geht er eine neue Flasche Likör kaufen für seine alten Weiber... für die Lebende und für die G'storbene.
Rezept für 1 Liter Hollerlikör, oder auch ein bisserl mehr
- 1,5 Liter schwarze Hollerbeeren
- 150 - 200 g weißer Zucker
- 300- 400 ml Weingeist - Ethanol 96% aus der Apotheke
- eventuell 1 Stange Zimt, wenn Sie den Geschmack mögen
Die Mengenangaben sind nur Richtwerte. Die Zuckermenge richtet sich nach Ihrem persönlichen Geschmack und danach, wie süß die Beeren sind und auch die Alkoholmenge hängt letztendlich davon ab, wieviel Saft Sie erhalten.
Die Hollerbeeren gut waschen, Kleintiere retten und die Beeren abrebeln. Das geht am besten mit einer Gabel. Die Beeren sollten mengenmäßig ungefähr 1,5 Liter ausmachen. Daraus wird zunächst Hollersaft hergestellt. Ich tue dies am liebsten im Dampfgarer. Die Beeren in eine möglichst große gelochte Schale geben und mit dem Zucker vermischen. In den Dampfgarer schieben und unterhalb eine ungelochte Schale als Auffangbehälter einschieben. 30 Minuten auf 100 Grad garen, dann die Beeren kurz durchmischen und noch mal 10 Minuten garen. Die Beeren platzen dabei auf und der Saft tropft nach unten ab. Anschließend den Saft durch ein Tuch oder ein sehr feines Teesieb seihen und auch die Hollermaische gut abtropfen lassen. Wenigstens ein paar Stunden, aber auf keinen Fall auspressen, denn dadurch gelangen Feinbestandteile und Trübstoffe in den Saft. Sie sollten am Ende, je nach Qualität der Beeren, zwischen 700 ml und einen Liter Hollersaft haben.
Wenn Sie keinen Dampfgarer haben, lassen Sie die Hollerbeeren mit dem Zucker und einem Liter Wasser in einem Topf aufkochen und ungefähr 10 Minuten leicht köcheln. Anschließend verfahren wie oben. Wichtig ist, die Beeren nicht auszupressen!
Den Saft in eine ausgekochte Flasche geben, die Zimtstange dazugeben und auskühlen lassen. Anschließend mit Weingeist auffüllen. Das Mischverhältnis sollte zwischen 2:1 und 3:1 sein. Ich mische auf 900ml Saft ungefähr 300ml Weingeist.
Die Flasche gut verschließen und an einem kühlen und dunklen Ort mindestens zwei Monate lagern.
Am besten bis zur Weihnachtszeit, denn Hollerlikör macht sich im heißen Punsch außerordentlich gut!
Die übrig gebliebene Beerenmaische habe ich nicht weggeworfen, sondern ein Sorbet draus gemacht. Einfach so, aus dem Ärmel geschüttelt, darum sind die Mengenangaben leider ein bisserl dürftig. Das Sorbet war derart gut und fotogen, dass ich Ihnen meinen kleinen Überraschungserfolg nicht vorenthalten möchte.
Ich habe die matschigen Beeren zunächst durch ein Sieb gestrichen. Aber nicht alles. Das war mir zu mühsam. Es dürften ungefähr 150 ml gewesen sein, die ich rausgequetscht habe. Dann habe ich den Hollersaft dazu geleert, der nicht mehr in die Likörflasche gepasst hat. Das waren auch noch mal mindestens 100 ml oder vielleicht sogar mehr. Anschließend habe ich mit ein bisserl Wasser verdünnt, damit es für drei Leute reicht, und nachgezuckert, denn eine Eismasse muss sehr süß sein. Die Süße verliert sich durch den Gefrierprozess. Das Ganze habe ich aufkochen lassen, dabei eine kleine Stange Zimt dazugegeben und auch noch ein Stück hauchdünn abgezogene Schale einer Biozitrone. Zum Schluss habe ich noch einen Esslöffel roten Portwein untergerührt und die Masse abkühlen lassen. Hätte ich fertigen Hollerlikör gehabt, hätte ich den genommen.Vor dem Gefrieren habe ich den Zimt und die Zitronenschale entfernt und die Masse in der Eismaschine zu Sorbet verarbeitet. So oder so ähnlich ist es gewesen. Das Ergebnis war eine Überraschung, denn nicht immer gelingt mir ein Sorbet. Aber dieses hier war zum Niederknien!
Schwarze Hollerbeeren (Sambuccus nigra) reifen als Wildobst nicht nur in Gärten, sondern auch überall in der freien Natur. Sie finden die Büsche häufig an Wegrändern und Waldlichtungen. Für mich ist der Holler im Spätsommer, gemeinsam mit den sich langsam orange färbenden Hagebutten, erster Vorbote auf den Herbst. Sind die Früchte reif, leuchten die schwarzen Beeren schon von aller Weite und sind nicht zu übersehen. Zum Hollerbrocken am besten eine Schere mitnehmen und die schweren Dolden einfach abschneiden. Bedenken Sie bitte, dass Hollerbeeren in rohem Zustand nicht bekömmlich sind und nur gekocht gegessen werden dürfen!
Ich habe die matschigen Beeren zunächst durch ein Sieb gestrichen. Aber nicht alles. Das war mir zu mühsam. Es dürften ungefähr 150 ml gewesen sein, die ich rausgequetscht habe. Dann habe ich den Hollersaft dazu geleert, der nicht mehr in die Likörflasche gepasst hat. Das waren auch noch mal mindestens 100 ml oder vielleicht sogar mehr. Anschließend habe ich mit ein bisserl Wasser verdünnt, damit es für drei Leute reicht, und nachgezuckert, denn eine Eismasse muss sehr süß sein. Die Süße verliert sich durch den Gefrierprozess. Das Ganze habe ich aufkochen lassen, dabei eine kleine Stange Zimt dazugegeben und auch noch ein Stück hauchdünn abgezogene Schale einer Biozitrone. Zum Schluss habe ich noch einen Esslöffel roten Portwein untergerührt und die Masse abkühlen lassen. Hätte ich fertigen Hollerlikör gehabt, hätte ich den genommen.Vor dem Gefrieren habe ich den Zimt und die Zitronenschale entfernt und die Masse in der Eismaschine zu Sorbet verarbeitet. So oder so ähnlich ist es gewesen. Das Ergebnis war eine Überraschung, denn nicht immer gelingt mir ein Sorbet. Aber dieses hier war zum Niederknien!
Schwarze Hollerbeeren (Sambuccus nigra) reifen als Wildobst nicht nur in Gärten, sondern auch überall in der freien Natur. Sie finden die Büsche häufig an Wegrändern und Waldlichtungen. Für mich ist der Holler im Spätsommer, gemeinsam mit den sich langsam orange färbenden Hagebutten, erster Vorbote auf den Herbst. Sind die Früchte reif, leuchten die schwarzen Beeren schon von aller Weite und sind nicht zu übersehen. Zum Hollerbrocken am besten eine Schere mitnehmen und die schweren Dolden einfach abschneiden. Bedenken Sie bitte, dass Hollerbeeren in rohem Zustand nicht bekömmlich sind und nur gekocht gegessen werden dürfen!
Schöner Beitrag! Toller Likör, tolles Eis und ein noch tollerer Opa. Gefällt mir!
AntwortenLöschenUi, ein toller Post!
AntwortenLöschenErst die Geschichte, ich kann mir die zwei so richtig auf dem Sofa vorstellen. Herrlich!
Und dann Likör UND Sorbet! Mit dem Gedanken an Hollerlikör habe ich dieses Jahr auch schon gespielt und nach diesen Rezepten, werde ich das auch noch in die Tat umsetzen.
Viele Grüße
Lena
Ich fahre ganz und gar Trittbrett bei Zorra!
AntwortenLöschenIch fahre bei zorra und Micha mit und ergänze noch: tolle Fotos
AntwortenLöschenWitzige Geschichte! Ich muss mit dem Brocken noch ein bisserl warten, der Holler im Himmelreich (das Waldgebiet heißt tatsächlich so!!) ist noch nicht soweit. Dampfentsaften ist gut, wir haben so einen praktischen Uralt-Entsafter mit Schlauch.
AntwortenLöschenlg, Friederike
Wow, was für ein Genuss! Beim Lesen sowie beim Schauen.
AntwortenLöschenIch habe mich heuer erstmals am Holunder-Gelee-Machen versucht - mit großem Erfolg (mein Rezept: www.candid-moments.at/holunderbeerig).
Holunderbeeren schmecken veredelt einfach köstlich. Inspiriert durch diesen schönen Beitrag werd ich jetzt wohl noch einige vollreife Beeren im Garten pflücken und diesen Hollerlikör probieren. Danke fürs Rezept und die Tipps dazu!
Herzliche Grüße
silvia
Hehe. Die Geschichte erinnert mich ein wenig an meine Uroma, die nachts immer aufgestanden ist, um die Hausbar ein wenig zu plündern ;-)
AntwortenLöschenUnd natürlich wieder wunderschöne Fotos zu tollen Ideen!
Hm... na da bin ich aber gespannt ob mein Hollerschnaps gut wird. Ich hab den Holler durch die Lotte gedreht, mit Zucker, Vanille, Zitronen- und Orangenschale) gekocht und 1:1 mit Korn angesetzt. lg Sonja
AntwortenLöschenIch springe auch noch aufs Trittbrett von Zorra, Micha und Sabine. Und der Opa ist einfach Zucker :-)
AntwortenLöschenDanke Frau Ziii für diese schöne Geschichte :-) Allerdings muss ich in einem Punkt widersprechen: Hollerfrüchte sind roh nicht giftig. Also nicht giftig im eigentlichen Sinn. Das enthaltene Sambunigrin kann Magen-Darm-Probleme verursachen, wenn man empfindlich ist bzw. größere Mengen roh ist.
AntwortenLöschenHast du schon gesehen, dass dein Blog bei e&t nun auch die Nummer 1 ist? Kam letztens im Newsletter.
AntwortenLöschenhttp://www.essen-und-trinken.de/news/10-deutschsprachige-lieblings-foodblogs-1024785.html?utm_source=nl&utm_medium=email&utm_campaign=eutw
Auch dazu herzlichen Glückwunsch!
Herzlichen Glückwunsch zum Zeitungsartikel :)
AntwortenLöschenpurple velvet!... sag ich da nur. Traumhaft.
AntwortenLöschenGerade erst vom Urlaub zurück, finde ich gleich so viele Kommentare vor. Ich trinke auf jeden von Euch ein Stamperl Hollerlikör, ganz fix!
AntwortenLöschenLieben Gruß von Frau Ziii
Einfach schee, alles. Das Hollersorbet muss ich plagiieren. Hoffentlich finde ich noch ein paar Beerl.
AntwortenLöschenLiebste Frau Zii.
AntwortenLöschenIch habe mich gleich nachdem ich den Artikel gelesen habe, mit meiner Schwester auf die Suche nach noch nicht ausgetrockneten (oder angeludelten) Hollerdolden gemacht, was in Simmering in der Nähe der Hundeauslaufzone nicht so der überragende Erfolg war, weil wir entweder zu klein waren um welche zu erwischen, oder die Früchte genau in Hundelulu-höhe waren.
Aaaauf jeden Fall habe ich, weil ja steht dass man ihn erst in der Adventzeit aufmachen sollte, noch eine Kapsel Kardamom dazugegeben, weihnachtliche Note und so...
Nun hat es ja letztes Wochenende geschneit.
Da kamen wir nicht umhin ihn zu kosten. Und ich soll Ihnen, liebe Frau Zii, von meiner Mutter und meiner Großmutter ausrichten, dass das der beste Likör ist, den sie je getrunken haben!
Vielen Dank für das Rezept.
LG, Panda
frau ziii, verrat mir doch bitte mal den trick, wie die eiskugeln so eisig aussehen... machst du kugeln und gibst sie so nochmal ins gefrierfach?
AntwortenLöschenEllja, die Eiskugeln gelingen nicht immer so. Das hängt auch von der Art des Eises ab. Das Butterkaramelleis war schon schwieriger. Das ist in Null comma nix geschmolzen. Sorbet schaut immer etwas frostiger aus, da ja kein Obers drin ist. Aber grundsätzlich mache ich es so, dass ich das Eis aus der Maschine nehme und dann noch eine Stunde oder so in den Tiefkühler stelle. Die Servierschüsserl auch gleich dazu. Das hat den Vorteil, dass die Kugeln nicht sofort zu schmelzen beginnen, wenn ich sie in die eiskalten Schüsseln gebe. Das Eis hält so länger kühl. Vielleicht liegt es daran?
AntwortenLöschenPanda, Dein Kommentar freut mich sehr. Ich bin immer ganz glücklich, wenn ich höre, dass meine Rezepte nachgekocht werden und auch noch so gut gelingen. Wir haben unseren Hollerlikör noch gar nicht geöffnet, aber jetzt wo ich das schreibe... und schönen Gruß an die Mutter und an die Großmutter. Der Likör macht sich hervorragend im Punsch.
365 Tage, wie ich auf Deinem Blog gesehen habe, ist Dein Hollersorbet so richtig gut gelungen. Schön !
Danke für dieses tolle Rezept. Bei uns sind noch ein paar letzte schöne satte Beeren an den Büschen. Immer wenn ich mit dem Hund Gassi gehe muss ich dran vorbei - und nun habe ich endlich einen Grund einen Eimer voll mitzubringen.
AntwortenLöschenLetztes Jahr haben wir Marmelade und Marmelade-Mischungen daraus gemacht. Leider zu viele. Auch Hollunderblütensirup musste dieses Jahr warten.
Aber es gibt ja noch den Hollerlikör. Danke dafür - steht auf meinem Nachkochzettel