Linzer Augen, ganz traditionell, für die nächste Generation


Das hätten Sie jetzt nicht gedacht, dass ich Kekse backe, gell? Aber Frau tut schließlich ihr Bestes, um die nächste Generation auf Xmas zu trimmen. Miss Julia Questionmark schreibt in ihren Gedanken zum alljährlichen Feste, die Weihnachtsmania ist Frauensache, außerdem hormongesteuert und kommt mit der Weiblichkeit. Das scheint zu stimmen. Denn während sich des Fräulein Ziii's Weihnachts-To-Dos in den letzten fünfzehn Jahren auf Packerl aufreißen beschränkten, bringt sie heuer erstaunlich großes Interesse an Tätigkeiten auf, die dem einzigen Zweck dienen, das Weihnachtsfest im Hause Ziii, dem durch Werbung und Film generierten Ideal bestmöglich entsprechen zu lassen. Sie bäckt zum Beispiel Kekse, aus denen am Ende ein Weihnachtsdiskus wird, weil der angegebene Löffel Milch, im Rezept abgekürzt mit L., als ganzer Liter interpretiert wird. Nix is' mit gefühlsduseliger Kekserlaustecherei bei Kerzenschein. Der Teig rinnt dem Fräulein geradewegs durch die Finger und landet zu guter letzt als Riesenkeks in einer Tarteform, wo er vom Ofen geschwärzt die nächsten drei Tage seines Lebens verbringt. Frustiert von seinem sinnlosen Dasein stürzt er sich am vierten Tage in den Mistkübel und eine andere Erklärung habe ich für das Fräulein nicht parat, wie er dort hinein gekommen ist.

Es ist also an der Zeit dem Nachwuchs beizubringen, was ein Mürbteig ist, was derselbige mit Linz zu tun hat und warum Frau dafür ganz sicher keine Milch braucht. Was die Form betrifft bin ich Traditionalist. Der einzig wahre Keks ist der mit den Linzer Augen. Das wiederum hat mir die Mutti so beigebracht. Nicht, dass sie solche backen könnte, oder dass die überhaupt irgendwas backen könnte, nein, die Mutti ist eine der wenigen Frauen, die dem Feminismus zwar das ganze Jahr über abschwören, aber an Weihnachten darauf bestehen. Die Nummer zieht sie schon seit über sechzig Jahren durch und holt sich die Kekse von der Oma, denn die hat's mit dem Feminismus nicht so, weder an Weihnachten noch sonstwann. Außerdem kann die Oma Linzer Augen backen wie keine Dritte, nicht wie keine Zweite. Weil die Zweite, die Linzer Augen backen kann wie keine Dritte, bin ich und ich will auf meinen alljährlichen Vanille-Insulin-High (Copyright by Miss Julia Questionmark). Lasst uns also in Frieden Kekse backen und Staubzucker schnüffeln, ihr Frauen dieser Welt. Nieder mit dem Weihnachtsmann, es lebe das Christkind und Feminismus ist erst nach Weihnachten wieder. Peace.

Zur Einstimmung empfehle ich einen Besuch auf dem Wiener Flohmarkt in der Kettenbrückengasse. Dort gibt es jedes Jahr ein paar Stände mit altem, neuerem, kitschigem, geschmackvollem und überteuertem Christbaumschmuck zu moderaten Preisen, der mir regelmäßig die Tränen in die Augen treibt, aus welchem Grund auch immer. Wer diesen Post letztes Jahr gelesen hat, weiß um meine Obsession für glitzernden Baumfirlefanz. Noch so eine hormonbedingte, weibische Weihnachtsliebe. 

Alle kekserlbackenden, männlichen Christbaumschmucksammler und alle wahren Feministinnen mögen mir diesen Beitrag verzeihen. Als Zeichen meiner Reue erkläre ich mich mit Miss JQ solidarisch und rasiere mir bis Weihnachten die Beine nicht mehr. Der Herr Ziii lege mir bitte eine kuschelige Wollstrumpfhose unter den Baum. Danke.

Nun zu den Linzer Augen. Als geborene Linzerin im Wiener Exil weiß ich darüber natürlich bestens Bescheid. Rezepte für Mürbteig gibt es viele, aber zum Linzer Teig führen die meisten nicht. Unter einem Linzer Teig versteht man in der Regel einen Mürbteig, der die Zutaten Mehl, Fett und Zucker im klassischen Verhältnis 3:2:1 enthält. Häufig wird der Teig auch mit Nüssen, meist Mandeln, angereichert. Bei meinem Rezept wird das Mehl zu einem Drittel durch Mandelmehl ersetzt.


  • 200 g glattes Mehl
  • 100 g Mandelmehl (Mandelgrieß) - das sind feinst geriebene Mandeln, z.B. von Konzelmann
  • 200 g reine Butter - und keine Margarine, die den Teig geschmeidig macht oder so ähnlicher Schmafu, denn es soll ein Mürbteig werden und kein Geschmeideteig; außerdem sollte ein Linzer Auge einen deutlich wahrnehmbaren Buttergeschmack aufweisen
  • 90 g Staubzucker - der Rest auf 100 g kommt in Form von:
  • 1 EL hausgemachter Vanillezucker - derselbe, den sie zum Bestreuen brauchen; siehe weiter unten
  • 1 ganzes Ei mittlerer Größe
  • 1 Prise Salz
  • einen Hauch abgeriebene Zitronenschale - aber wirklich nur ganz, ganz wenig
  • außerdem brauchen Sie für den Linzer Teig ganz sicher keine Milch, denn die macht den Teig zäh

zum Fertigstellen
  • ca. 150 g passierte Ribiselmarmelade oder eventuell auch Marillenmarmelade - alles andere ist bei Linzer Augen nicht erlaubt
  • ca. 2 TL bester Rum - keinen synthetischen Fusel, damit versauen Sie sich die Kekse
  • 80 g Staubzucker für die Herstellung des Vanillezuckers
  • 1 ganze Vanilleschote
(Menge reicht für zwei Bleche)


Fangen Sie mit dem Vanillezucker an. Die Vanilleschote aufschlitzten und das Mark herauskratzen. In ein feines Sieb geben und den Staubzucker zum Bestreuen dazu geben. Durchsieben und eventuell mit einem Löffel nachhelfen, falls die Vanille verklumpt. Falls Ihnen Zucker über bleibt, geben Sie diesen in ein Schraubglas und stecken die ausgekratzte Vanilleschote dazu. So können Sie den Zucker ewig aufbewahren. Im günstigsten Fall haben Sie den Zucker sogar schon länger vorbereitet. Dann intensiviert sich sein Aroma um ein Vielfaches. Ich habe in meinem Schrank immer ein Glas davon stehen.

Für den Mürbteig sieben Sie das Mehl, die Mandeln und den Zucker auf eine Arbeitsfläche, geben das Salz dazu und reiben die Zitronenschale hinein. Setzen Sie die eiskalte Butter in die Mitte des Haufens und zerkleinern Sie sie mit einem Palettenmesser. Dabei die Butterstücke in der Mehl-Zuckermischung wenden. Nehmen sie dann die Hände und tauchen Sie sie in kaltes Wasser, damit der Teig sich beim Kneten nicht zu schnell erwärmt. Wuzeln Sie die Butterstücke zwischen den Händen, gemeinsam mit dem Mehl, sodass eine bröselige Masse entsteht. Aber auf keinen Fall zu lange. Machen Sie in der Mitte eine Mulde und schlagen Sie das Ei hinein. Vermengen Sie mithilfe des Palettenmessers die Eier mit den Teigbröseln. Dann kneten Sie mit den Händen den Teig kurz durch. Mehr zusammendrücken wie Kneten, denn die Masse ist sehr bröselig. Das Wichtigste ist, ihn gerade so lange zu kneten, dass die Masse zusammenhält. Auf keinen Fall länger, denn sonst wird der Mürbteig brandig. Er verliert die Haftung und schmeckt komisch. Den Teig anschließend zu einer Kugel formen und in Frischhaltefolie wickeln. An einem kühlen Ort mindestens eine Stunde oder auch über Nacht ruhen lassen. Je länger, umso besser.
Noch einfacher geht es in der Küchenmaschine. Sie können alle Zutaten gleichzeitig in die Schüssel geben und den Teig mit dem Flachrührer möglichst kurz bearbeiten, bis er sich zu einer Kugel formt. Das dauert meistens nicht länger wie eine Minute. Der Teig erwärmt sich dabei nicht so stark, weil sie nicht mit den warmen Händen kneten und alles schneller geht.

Nach dem Rasten den Teig auf einer gut bemehlten Unterlage ungefähr zwei Millimeter dick ausrollen. Dabei darauf achten, dass er nicht anklebt. Das geht am einfachsten mit einem Palettenmesser. Damit können Sie den Teig immer wieder vom Boden lösen und ihn verschieben, um das Mehl darunter besser zu verteilen.
Zum Ausstechen brauchen Sie einen speziellen Linzer Ausstecher mit drei Augen. Dieser wird zuerst ohne Einsatz für den Boden und beim zweiten Blech mit Einsatz für den Deckel verwendet. Echte Linzer Kekse haben immer drei Augen. Kekse mit einem Auge heißen Spitzbuben.

Die angegebene Menge reicht für zwei Bleche. Eines mit Löcher, eines ohne. Die Kekse werden bei 180 Grad ungefähr 10 Minuten gebacken bis sie goldbraun sind. Darauf achten, dass sie nicht zu dunkel werden. Das geht ganz schnell. Lieber daneben stehen bleiben und aufpassen.

Die Deckel mit den drei Löchern müssen sofort nach dem Herausnehmen aus dem Ofen mit Vanillezucker bestreut werden!!! Tun sie dies erst nach dem Zusammenpicken, weiß meine Oma sofort, dass Sie keine Ahnung haben, denn dann verschließt der Staubzucker die Löcher. Nach dem Auskühlen eventuell nachzuckern, falls die Zuckerschicht nicht gleichmäßig ist. Während dem Abkühlen die Marmelade in einem Topf am Herd erwärmen und gut mit dem Rum verrühren. Falls notwendig, mit dem Passierstab nachhelfen.

Die Böden mit der warmen Marmelade bestreichen und dabei einen breiten Rand lassen, sonst quillt sie beim Zusammenpicken seitlich heraus. Dann die Deckel mit sanftem Druck anpressen, sodass die Marmelade sich leicht durch die Löcher drückt. Die Zuckerschicht sollten Sie dabei natürlich nicht berühren und falls Staubzucker in den Löchern hängen bleibt, diesen mit einem Zahnstocher vor dem Zusammenkleben entfernen. Eh klar, denn die Löcher müssen sauber bleiben!





Weihnachtliche Grüße aus Wien von Frau Ziii


Inspirationsquelle: Die Gedanken von Miss Julia Questionmark und noch andere Dinge zum Thema Weihnachten der nächsten Generation finden Sie in der ersten Ausgabe des  Online Magazins 'We love  handmade'



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9 comments:

  1. Linzer Augen? Bei uns heissen die Spitzbuben - und ja, ich gebe dir recht, das sind die einzig wahren Weihnachtsgüetzii! Sowas nennt sich dann länderübergreifende Übereinstimmung.

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  2. Ich muss bestimmt nicht betonen, dass ich Fan dieses Gebaecks waere - was wuerde ich gerade gerne durch den Aether langen...

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  3. Diese Augen, die lassen einen tatsächlich nicht mehr los.
    Wären sie blau..wahlweise grün würde ich drin versinken..
    Was mich aber brennend interessieren würde ist die Sache mit der " Hormonsteuerung". Meine dreht wohl gerade durch, so wenig wie mir weihnachtlich zumute ist.
    Egal...ich esse jetzt mal ein Kekserl auf dich und den Nachwuchs und möge deine Tastatur niemals den Geist aufgeben. :)

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  4. Frau ZIII, Sie backen auch ?! Wow, dieses Traditionsgebäck (mit Hintergrunderzählung und liebevoller Erläuterung)so fein und wunderschön, einmalig hier vorgestellt.Kann man (Frau) die nehmen oder sind die nur zur Deko? Toll schauen die aus ich muss üben gehen und ich bin schon nicht mehr im Nachwuchsalter. Liebe Grüße

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  5. die Wilde Henne hat schon alles gesagt, was ich als Schweizer dazu zu sagen hätte ... ausser natürlich, dass das wieder eine sehr schöne Geschichte aus dem Hause Zii ist :-)
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

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  6. Bei uns - ebenfalls aus Oberösterreich zugewandert - wurden die Linzer Augen immer mit einem Teil fein geriebenen (Wal)-Nüssen gemacht. Wenn Sie jetzt noch ein Rezept für Pariser Stangerl hätten, wäre mein Weihnachten perfekt.

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  7. Hahaha! Gelacht! Schön sind's - diese Äugelchen! Dickes Staubzuckerlob und Begeisterung! Weibisch-feministische Grüße und Peace...,
    Yushka - aus beinahe Heidelberg

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  8. Ich gehöre also zu denen die keine Ahnung haben...zuckere immer nachher. :))) (Was ja super funktioniert, weil ich die Marillenmarmelade erwärme und noch einen Schuss Rum großzügig dazugeb - dann zergeht der bissl Staubzucker sofort).
    Aber eigentlich wollt ich sagen: DANKE für das super Rezept für die Whiskeytrüffeln. Das hab ich gestern ausprobiert und hat alles super funktioniert. :)
    lg
    Karina (auch aus OÖ)

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  9. Sieht super lecker aus! Werde ich bei Gelegenheit mal ausprobieren.

    LG Sabrina

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