Rhabarber-Fliedersirup oder mein Freund der Flieder

Fliedersirup-Rhabarber
Es ist noch nicht so lange her, da haben der Herr Ziii und ich uns einen Garten gekauft. Also eigentlich ein Haus, aber da war halt ein Garten dabei und zwar ein ziemlich hübscher... ein bisserl verwildert, aber von außergewöhnlicher Schönheit: Ein Hanggarten, der sich hinter dem Haus steil nach oben reckt, mit drei Etagen und einem kleinen Gemüsegarten. Letzterer wurde lange nicht genutzt und über die Jahre vom Flieder überwachsen. Weiter oben, vom Sitzplatz am Kastanienbaum aus, blickte man auf die Fliederhecke am Zaun, die sich ein bisserl viel in die Steilwiese ausgebreitet hatte - also eigentlich über die gesamte Fläche. Der romantische Laubengang auf der zweiten Etage hatte dem Fliederbewuchs leider nicht standgehalten und war zusammengebrochen. Ebenso hatte sich der wertvolle Altbaumbestand um ein paar sehr schöne Exemplare dezimiert, da, der umringende Flieder in trockenen Sommern das ganze Wasser weggesoffen hatte. Auf der dritten Etage haben wir sogar eine Steingrotte gefunden, nachdem wir uns durch das Fliederdickicht gekämpft hatten, aber die alte Steinstufe war nur mehr fragmentarisch vorhanden, denn die hatte der Flieder den garaus gemacht.

Ich zog eine akademisch gebildete und weise Landschaftsplanerin zu Rate. Auf der ersten Etage legte sie den Kopf schief, auf der zweiten spitze sie den Mund zu einem "Ouh" und auf der dritten Etage meinte sie: "Es ist alles verseucht! Sie haben einen agressiven Neophyten!" - "Wo?!", rief ich und duckte mich, was mir dann ein bisserl peinlich war, weil die Frau nämlich den Flieder meinte. Ich hingegen dachte mehr an die Invasion einer außerirdischen Spezies, was, genau genommen, auch gar nicht so falsch war und um Sie nicht länger auf die Folter zu spannen, werde ich kurz erläutern, was die gute Frau gemeint hat:
Als Neophyten werden Pflanzenarten bezeichnet, die aus fernen Ländern in unsere Ökosysteme einwandern und bei uns heimisch werden. Grundsätzlich kein Problem. Ein großer Teil der Flora in Österreich sind Neophyten. Wenn die Pflanzen allerdings bei uns so hervorragende Wachstumsbedingungen vorfinden, dass sie sich invasiv ausbreiten können und die heimische Flora vollkommen verdrängen, werden sie als agressive Neophyten bezeichnet. Es gibt in Österreich eine Liste von rund 20 Pflanzenarten, die in diesem Sinne als problematisch eingestuft werden, darunter der Girsch, die Goldrute, die Robinie (auch Akazie genannt) und der, ach so hübsche und wohlriechende, Flieder - "Syringa vulgaris". 
"Ausreißen," empfahl die Dame "und zwar gründlich! Aber der Sauhund wird wieder kommen. Dann müssen sie ihn nochmal ausreißen, mitsamt der Wurzel, bis in eine Tiefe von einem halben Meter. Hat aber eh keinen Sinn und wenn ihnen das Ausreißen irgendwann zu blöd geworden ist, sprühen sie einfach flächendeckend Roundup, legen eine schwarze Folie drüber und ziehen ins Hotel. Wenn sie nach einem Jahr zurückkommen und die Folie entfernen, ist der Flieder wahrscheinlich weg, und alles andere auch. Die Samen wären halt noch da. Aber beim nächsten Starkregen, erodiert eh der ganze Hang und die Erde wird nach unten gespült. Die schaufeln sie einfach in einen LKW und transportieren sie ab. Aber ein paar LKWs werden's schon brauchen. Damit hätten sie das Problem allerdings nachhaltig beseitigt! Oben am Hang legen sie dann eine Felsensteppe an, was hernach das ideale Ökosystem für Ihren Garten wäre."

Auch, wenn Sie es nicht glauben: Genau so ist es geschehen! Nur das Roundup habe ich weggelassen. Der Herr Ziii hat zwei Sommer damit verbracht, Fliederschößlinge mit dem Pickel zu rupfen. Ãœbrig geblieben ist nichts, außer nackertem, lockeren Erdreich, wovon wir gut die Hälfte, ganz ungeduldig, in Kübeln nach unten getragen haben, durchs Haus durch und raus auf die Straße. Wir konnten es halt einfach nicht erwarten. Der Rest kam dann doch mit dem Regen, ebenfalls durchs Haus durch und raus auf die Straße. Mit fünf Fuhren zu je fünfzehn Tonnen war der Invasor dann verschwunden.
Zwei Sträucher des "Gemeinen (!) Flieder - Syringa vulgaris" durften jedoch bleiben. Mit Argusaugen beobachte ich deren Entwicklung und wenn die beiden sich auch nur einen Millimeter, aus dem ihnen zugestandenen Territorium, hinausbewegen... wumm... ziehe ich ihnen, ganz weltpolitisch, volle Wäsch' eins über, denn Maßlosigkeit ist eine Sünde.
Die Blütendolden nehme ich jedes Jahr ab und koche Sirup draus und so haben wir doch noch unseren Frieden gefunden, der Neophyt und ich.
Fliedersirup-RhabarberFliedersirup lässt sich auf die gleiche Art und Weise herstellen wie Holunderblütensirup. Auch die Farbe ist ähnlich, da das zarte Violett des wilden Flieders nicht ausreicht, um den Sirup zu färben. Die Kombination mit Rhabarber hingegen ergibt ein wunderschönes Hummerrosa.

Zur Herstellung des Rhabarbersirups brauchen Sie zunächst einmal die folgenden Zutaten:

  • 1/2 kg rotstieliger Rhabarber
  • 1/2 kg Zucker - ich verwende den Biozuckerrübensirup von Wiener Zucker
  • 1 l Wasser

Den Rhabarber putzen und die Stangen in 1 cm breite Stücke schneiden. Mit dem Zucker bestreuen und gut vermischen. Den gezuckerten Rhabarber ungefähr eine Stunde safteln lassen. Anschließend mit Wasser übergießen und in einem großen Topf zum Kochen bringen. Auf kleiner Flamme ungefähr eine Viertel Stunde dahin köcheln lassen, bis der Rhabarber zerfällt. Den Saft durch ein Tuch abseihen, aber nicht auspressen, sonst wird der Sirup trüb. Besser ist es das Tuch über einem hölzernen Kochlöffel zusammenbinden und diesen quer in einen hohen Topf hängen, sodass das Rhabarbermus gut abtropfen kann. Am besten über Nacht stehen lassen.

  • ungespritzte Fliederblüten, je mehr, desto besser, aber fein säuberlich von den Stängeln gezupft, sodass kein Grün bleibt, denn Syringa vulgaris ist in allen Teilen giftig, ausgenommen der Blüten. Das Grün der Stängel und der Blätter schmeckt zudem auch noch bitter und verhunzt Ihnen den Sirup
  • 1 Biozitrone

Die Fliederblüten ungewaschen in einen Krug geben. Die Zitrone heiß abwaschen, in Scheiben schneiden und zu den Blüten geben. Mit dem zimmerwarmen Rhabarbersirup aufgießen und kühl stellen. Die Blüten mindestens drei Tage durchziehen lassen. Währenddessen ab und zu umrühren, damit die Fliederblüten oben nicht zu schimmeln beginnen. Anschließend den Sirup noch einmal auf die gleiche Art und Weise abseihen, wie oben beschrieben.

Der Sirup ist jetzt trinkfertig und hält sich im Kühlschrank zwei bis drei Wochen. Wollen Sie ihn länger aufheben, müssen Sie mehr Zucker zusetzen und ihn nochmal erhitzen, wodurch er jedoch einiges an Aroma einbüßt. Rechnen Sie pro Liter Sirup ein halbes Kilo Zucker extra. Den Sirup dann heiß in ausgekochte Flaschen füllen und sofort verschließen. An einem kühlen und dunklen Ort können sie den Sirup dann auch ein paar Monate aufheben. Es ist nicht sinnvoll den zusätzlichen Zucker vor dem Ansetzen hinzuzufügen, da die Blüten sonst zu stark verkleben würden und sich nicht mehr gut abseihen lassen. Daher erst den fertigen Rhabarber-Fliedersirup mit der angegebenen Extramenge Zucker in einem Topf erwärmen, aber auf keinen Fall zu heiß werden lassen oder womöglich aufkochen. Dadurch verflüchtigt sich das Fliederaroma auf nimmer Wiedersehen.
In den meisten Rezepten wird Zitronensäure zur Konservierung verwendet und auch wenn es so klingt, als wäre diese etwas natürliches, wird sie doch industriell hergestellt, hat mit Zitrusfrüchten nichts zu tun und trägt die E-Nummer 330. Außerdem finde ich, dass Zitronensäure, auch in kleinen Mengen, dem Sirup eine penetrante Geschmacksnote hinzufügt, die dem feinen Blütengeschmack des Flieders ganz und gar nicht zuträglich ist. Ich verzichte lieber darauf, und trinke den Fliedersirup nur ein paar Wochen im Jahr. Es kommen ja noch die Blüten von Rose, Holunder, Akazie...Fliedersirup-Rhabarber
Fliedersirup-Rhabarber


Quelle: inspiriert von rhubarb-rosewater-syrup - 101 cookbooks





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22 comments:

  1. Liebe Frau Ziii,

    Mein Vater hat vor Urzeiten im Garten ein hübsches, bambusähnliches Gewächs gesetzt, weil ihm die mickrigen Pflänzchen, die ein Bekannter wütend ausgerissen hat, so leid getan haben. Mittlerweile kämpfen wir jedes Jahr gegen den japanischen Riesenknöterich, der sich weder vom Ausbaggern, noch von Round-Up noch vom Abbrennen mit einem Flammenwerfer auf irgendeine Art beeindrucken lässt. Ich empfehle die Konsulation einer guten Suchmaschine, um mehr über diesen netten Zeitgenossen herauszufinden - nur so viel, das Zeug lässt sich NICHT umbringen! Mein Mitleid haben Sie also, definitiv.

    Die Farbe des Sirups ist außergewöhnlich hübsch!

    Liebe Grüße
    Nadja

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  2. Schon lange nicht mehr soo gelacht beim Blog-Stöbern :-))) Auch wenns zwar eigentlich nicht so lustig ist, aber deine Art zu schreiben ist einfach unschlagbar!

    Fliedersirup stand heuer auch auf meiner Liste- man weiß ja schließlich, dass man sich Listen macht, um sie dann nicht einzuhalten :-)))
    SChön ist er geworden, der Sirup!

    Liebe Grüße!

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  3. Rosen-, Flieder- und Veilchensirup - damit kann man mich olfaktorisch in die Flucht schlagen. Aber deine Nemophythen-Story ist unschlagbar gut erzaehlt!

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  4. Ich mag ja Sirup auch nicht so gerne, doch deiner ist so schön, ich würde ihn trinken...eiskalt!

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  5. Ach du grüne Neune, ein Aggressor im lieblich-rosa Gewand!
    Schön, dass es jetzt so friedlich ausschaut :)

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  6. Ohje, das hätte ich früher wissen müssen! Jetzt habe ich zu unserem rosa Flieder noch einen weißen dazu gesetzt :-(

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  7. Traumhaft.

    Dieser Artikel ist wunder-wunderschön, sowohl die Fotos als auch der Text.

    Ich liebe Flieder über alles und muss immer an meine Oma und ihren Garten denken, auf die Idee, einen Sirup daraus zu kochen, bin ich allerdings noch nicht gekommen.

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  8. Frau Ziii, danke für das Post! Ich bin schon länger auf der Suche nach einem neuen Sirup-Rezept, da ich Holunder nicht mehr schmecken kann/mag. Dankeschön!

    Liebe Grüße, Julia

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  9. Bin zufällig bei Dir reingestolpert und habe mich festgelesen.
    Hmmm, und das Grünzeug vom Flieder ist giftig? Gut, dass ich keine kriminelle Ader habe ;-) Ich muss jetzt sowieso ein Jahr warten, bei uns ist die Fliederblüte bereits seit zwei Wochen vorbei. Nur noch traurige, braune Büschel hängen da.

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  10. Bis vor kurzem wusste ich nicht, dass man die Fliederblüten essen kann oder versirupen. Eine Kräuterpädagogin hat mir das dann aber erläutert und mir gleich noch ein Gelee aus Fleider, Roséwein und Zitronenthymian mitgegeben, auf das ich mich sehr freue es zu verkosten.
    Und wenn das den Geschmackstest besteht, wird nächstes Jahr Fliedersirup gekocht.
    Schließlich muss der aggressive Neophyt ausgerottet werden ;-)

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  11. Sehr schöner Blog.
    Den Sirup werde ich gleich Morgen ansetzen.
    Liebe Grüße Michael

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  12. Ich rieche überall nur noch Flieder... Ich liebe Flieder. Es geht mir also gut. Danke!

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  13. jedesmal wenn ich hierher komme freue ich mich, dass es wiener blogs mit schönen fotos gibt! :)

    klingt wirklich sehr lecker.

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  14. Ich freue mich wirklich sehr, über das viele Lob und all die netten Kommentare zu diesem Post. Es motiviert mich immer wieder aufs Neue zu hören, dass meine Post gerne gelesen werden und ich Euch mit meinen Geschichten unterhalten kann.
    Lieben Gruß aus Wien von Frau Ziii

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  15. Ich habe mich bisher nur an Fliedergelee probiert. Ich würde sagen, interesant. Zumindest zum karamellisieren von Zwiebeln geeignet...
    Deine Fotos sind betörender als mein Zweifel, ob ich Flieder-Sirup mögen würde. Also werde ich den im Frühjahr wohl mal ausprobieren. Jeder, auch der Flieder, hat eine 2. Chance verdient! :-)

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  16. Hallo Frau Zii, ich hab erst heute diesen Blogeintrag gefunden, aber schon vor 2 Tagen nach einem anderen Rezept den Fliedersirup angesetzt. Jetzt les ich da bei dir, dass man wirklich nur die Blüten nehmen darf, weil alles andere giftig ist. Ich hab aber teilweise noch die ganz kleinen grünen Stiele dran gelassen, kann ich den Ansatz jetzt wegwerfen? Hach .. lg Sonja

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  17. Nein Sonja, es wird sich sicher nicht umbringen. Ich war beim ersten Mal auch unschlüssig, weil es doch einige Rezepte gibt, bei denen die ganze Dolde verwendet wird. Ich würde nur nicht den ganzen Stiel mit Blättern und allem drum und dran reinschmeißen. Also, wenn da noch die zarten grünen Stängelchen dran sind, wird es sicher auch kein Problem sein. Im Handel erhältlicher Fliedersirup wird sicher auch so hergestellt. Der Sirup wird aber sicher besser, ohne Stängel, weil Du halt den reinen unverfälschten Geschmack der duftenden Blüten hast. Und der ist eh so vergänglich. Zuviel Grün macht den Sirup bitter und enthält halt leichte Giftstoffe, die Dich aber sicher nicht umbringen. Da müsstest schon ein paar Liter saufen davon. Aber weißt eh, Alkohol ist ja auch toxisch, und was uns nicht umbringt, macht uns nur hart, gell!?
    Es grüßt Frau Ziii

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  18. ok, danke. :-) dann werd ich diesen sirup mal verkosten und beim nächsten versuch die blüten einzeln abzupfen. lg sonja

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  19. wow! danke für dieses tolle Rezept! einfach wunderschöne Sirupfarbe!! :) muss ich unbedingt gleich selber probieren :)

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  20. Ich bin hin und weg!!! Ich bin ja eh begeistert von Deinen Rezepten und dieser Sirup ist ja wohl der Rolls Royce der Sirups (wie schreibt man Sirup in der Mehrzahl?) Danke! Und die Farbe ist genau wie auf den Bildern versprochen :-)

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