Pannonischer Fischeintopf oder als ich auszog das Fischen zu lernen...

Ich weiß nicht, warum der Papa immer so ein Theater um seine Fische macht. In aller Herrgottsfrüh sitzt er schon auf seinem Klapphocker am Teich. Stundenlang schmeißt er die Angel ins Wasser und wart'... und wart'... bis einer beißt. Bis zum Finsterwerden haben ihm die Fische alle Würmer vom Haken gefressen, dann packt er wieder zusammen und geht nach Hause. Manchmal fängt er einen Karpfen, meistens aber keinen ;-) Trotzdem ist er nach dem Fischen immer gut aufgelegt, weil ausgeschlafen und putzmunter, denn zwischen der ganzen Warterei döselt er auf seinem Hocker dahin. Der Mutti ist es recht. Sie hat ihre Ruh' und der Papa die seinige. Es mag also viele Gründe geben, warum einer Fischen geht, aber wegen dem Essen ist es, glaub ich nicht.

Dabei wäre das Fischen so einfach, wenn man weiß wie es geht. Neulich im Waldviertel habe ich es mir von Profis zeigen lassen und stellen Sie sich vor... die ziehen einfach den Stöpsel aus dem See. Da muss einer erstmal drauf kommen. Ich habe jedenfalls nicht schlecht gestaunt, als ich hinkam und auf einmal kein Wasser mehr da war, sondern nur noch eine seichte Latschen in der Wildnis stand, umrundet von knöchelhohem Schlamm.


Die Karpfen ziehen sich nach dem Ablassen des Wassers an den tiefsten Punkt des Teichs zurück, wo sie schließlich mit Netzen heraus geholt werden. Würde der Papa das auch so machen, könnte er seinen Fang mit dem Anhänger nach Hause führen.



Oder habe ich da was falsch verstanden?



Im Waldviertel gibt es jedenfalls Leute, die wissen wie man Karpfen aus dem Teich holt und ganz nebenbei erwähnt auch noch wie man sich standesgemäß anzieht, wenn die fotografierende Meute vor dem Haus steht...


Die Einladung zum großen Karpfenabfischen kam von Ja!Natürlich, einer österreichischen Biomarke,
die sich auf regionale Lebensmittel spezialisiert hat. Der Waldviertler Karpfen ist nur eines von vielen landwirtschaftlichen Produkten und stammt aus nachhaltiger, ressourcenschonender Fischzucht - ein Thema, das angesichts überfischter Meere mehr und mehr an ökologischer Bedeutung gewinnt. Ich persönlich esse seit Jahren keine Meeresfische mehr und anderes Salzwassergetier schon überhaupt nicht - weder zu Hause und auch nicht im Restaurant. Österreich ist reich an sauberen, gesunden Gewässern und Fischzuchten gedeihen hier prächtig. Karpfen, Forelle, Saibling, Wels und Zander zählen zu den bekanntesten Fischarten und mir fällt nicht ein einziger vernünftiger Grund ein, warum ich Meeresfischen im europäischen Binnenland den Vorzug geben sollte.

Der Karpfen hatte lange Zeit einen schlechten Ruf, handelt es sich doch um einen Friedfisch, der vorwiegend im schlammigen Boden des Teichs nach Nahrung sucht - ein sogenannter Grundler. Er musste früher tagelang ausgewassert (in frischem Wasser gehalten) werden um seinen modrigen Geschmack abzulegen. Doch die Zeiten sind vorbei, Karpfen letteln dank fortschrittlicher Zuchtmethoden schon lange nicht mehr. Sie sind so fein im Geschmack, dass Ihnen so manche Meeresfische dagegen derb und aufdringlich erscheinen. Ganz zu schweigen davon, dass Karpfen bei der Zubereitung in der Küche nicht 'riecht', so wie im übrigen jeder andere Süßwasserfisch auch. Bei Branzino & Co hängt hingegen tagelang südländischer Strandpromenadenduft im Haus, was ich zwar auch mag, aber nur, wenn durchs Fenster eine frische Meeresbrise zieht, also vor Ort an der Küste, dort wo Meeresfische hingehören.



Eine frische Brise weht auch im Waldviertel um diese Jahreszeit. Die Region zählt bekanntlich zu den kühleren Plätzen Österreichs, wodurch sie prädestiniert für die Fischzucht ist. Doch wir hatten Glück mit dem Wetter. Die Temperaturen waren so mild, dass zur herbstlichen Tafel in freier Natur gebeten werden konnte, auf wärmende Schaffelle gepolstert und mit Blick auf den Teich. Eine atemberaubende Kulisse.





In das alte Gutshaus habe ich mich Hals über Kopf verliebt. Es wird zwar nicht mehr bewohnt, aber zumindest teilweise genutzt und soweit instand gehalten, dass es nicht ganz verfällt. Seinem morbiden Charme bin ich sofort erlegen. Eines Tages, so hoffe ich, wird sich jemand finden, der das ehrwürdige Gemäuer wieder in altem Glanz erstrahlen lässt. Hätte ich nicht selbst schon ein steinaltes Haus, das ich seit fast zehn Jahren renoviere, würde ich glatt darüber nachdenken.
Ich meine... wer hat schon ein Spitzgewölbe in seinem Wohnzimmer?



... und einen Holzherd in der Küche...





Da es so schön zum Thema passt, möchte ich noch ein Rezept zum Besten geben, denn - ich sag es Ihnen gleich - die beste Fischsuppe von allen mache ich! - Das Privileg einer Tochter, deren Vater sein halbes Leben am Fischteich zugebracht hat.

Die Karpfensuppe der beiden Köche Lucas Steindorfer und Simon Kotvojs hat zwar wunderbar geschmeckt und wurde sehr stilvoll im Kessel über Holzfeuer serviert, aber die Ziii'sche Version der pannonischen Fischsuppe schmeckt auch nicht schlecht...

Pannonischer Fischeintopf mit geröstetem Gemüse

Das Besondere an meinem Rezept ist das separat im Ofen zubereitete Gemüse (oder über Holzkohle), was dem Eintopf zusätzliches Aroma verleiht. Speziell das Kraut macht sich gut. Sie haben die Wahl, ob Sie Suppe und Gemüse extra servieren und erst am Teller vermählen, oder beides zusammen als Eintopf zu Tisch bringen. Serviert wird so oder so mit viel geröstetem Weißbrot.

Karpfen mit seinem festen Fleisch eignet sich besonders gut, aber auch Wels und Zander können das Gericht ergänzen. Ein besonderes Festessen wird es, wenn der Papa mit dem Fisch noch ein paar selbst gefangene Süßwasserkrebse mitliefert.

(die angegebenen Mengen reichen locker für 4 Personen als Hauptgericht)

  • 5 kleine Zwiebel
  • 2 EL Schmalz (Butterschmalz oder auch Schweineschmalz - no oil, please))
  • 2 Knoblauchzehen, geschält
  • 1 TL getrockneter Majoran (auch hier gibt es Qualitätsunterschiede und ich nehme gerne diesen aus dem Burgenland)
  • 250 g fleischige Tomaten (Eiertomaten, Ochsenherz)
  • 1 gehäufter EL feinstes, ungarisches Paprikapulver (edelsüß)
  • 200 ml Weißwein
  • 1,5-2 Liter Fischfond (vom Süßwasserfisch) - für selbstgemachten siehe weiter unten
  • 1/2 TL schwarze Pfefferkörner
  • 2 Lorbeerblätter
  • eventuell 1 kleines Stück Kirschpaprika ohne Samen und Scheidenwände (je nach gewünschter Schärfe)
  • Salz 
  • 1 kg Filets vom Karpfen (dunkle Stellen wegschneiden) oder anderen Süßwasserfischen (z.B. Wels, Zander) oder auch kleine, ganze Fische wie Saibling
  • großzügig Weißbrot als Beilage

Für das Gemüse

  • ½ Kopf Weißkraut
  • 4 kleine Zwiebeln
  • ein paar möglichst kleine Paprika in bunten Farben (rot, orange - besonders gut schmecken kleine grüne Bratpaprika)
  • 4 EL warmes, flüssiges Butterschmalz oder Schweineschmalz (nein-wir nehmen hier kein Olivenöl)
  • Salz
  • frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
  • 1 Tasse Kirschparadeiser (kleine Tomaten)

1 NICHT VERGESSEN...Das Backrohr auf 200°C Ober/-Unterhitze vorheizen.

2 DIE BASIS... Tomaten blanchieren, enthäuten (oder auch nicht) und in grobe Stücke schneiden (falls notwendig das wässrige Innere samt Kernen herausschneiden und wie ganz unten beschrieben weiterverwenden). Zwiebeln schälen, achteln und in einem weiten Topf im Schmalz bräunen bis sie weich und süß sind. Die Knoblauchzehe hacken, kurz mitschwitzen und dann die Tomaten dazugeben. Rösten bis keine Flüssigkeit mehr aus den Tomaten austritt und sie dunkler werden. Dann das Paprikapulver einrühren und schnell mit der Hälfte des Weißweins ablöschen, damit es nicht bitter wird. Den Alkohol verdampfen lassen, mit dem restlichen Weißwein aufgießen und den Alkohol abermals verdampfen lassen. 

3 DIE SUPPE... Diese Basis mit dem Fischfond aufgießen und den Kirschpaprika, die Lorbeerblätter und die Pfefferkörner einlegen. Kosten und bei Bedarf noch dezent mit Salz abschmecken (Obacht, der Fond ist bereits salzig und die Flüssigkeit reduziert sich noch). Den Deckel aufsetzen und auf unterster Schiene in den Ofen stellen.

4 DAS GEMÜSE... Das Kraut vierteln und in (sehr) grobe Stücke schneiden. Zwiebel schälen und achteln und beides auf einem Blech auslegen. Paprika im Ganzen dazugeben. Salzen, pfeffern und mit heißem Schmalz beträufeln. Im vorgeheizten Backrohr ca. 30 Minuten rösten (oberhalb der Suppe, auf jeden Fall aber lange genug, damit sich am Kraut braune Spitzen bilden (es darf sogar richtig dunkle Stellen bekommen). Während der letzten 10 Minuten die Tomaten obenauf legen und mitbacken (zu diesem Zeitpunkt auch den Inhalt des Topfes kontrollieren und falls zuviel Flüssigkeit verdunstet ist, noch etwas heißes Wasser oder Fischfond zur Suppe geben).

5 FERTIGSTELLUNG... Die Fischfilets in grobe Stücke teilen (kleinere, ganze Fische ein oder zwei Mal quer durchschneiden). Den Suppentopf aus dem Ofen nehmen und die Fischstücke einlegen. Ungefähr 10- 15 Minuten (je nach Dicke der Filets) ohne weitere Hitzezufuhr und ohne Umrühren durchziehen lassen (besonders hitzeempfindliche Fischfilets wie Saibling nur für einige Minuten dazugeben). Eventuell vor dem Servieren noch einmal auf die richtige Temperatur bringen ohne die Suppe aufkochen zu lassen.

6 SERVIEREN... Während die Fische durchziehen, kümmern Sie sich ums Gemüse. Die Haut der Paprikaschoten so gut es geht abziehen (nur notwendig bei Sorten mit dicker Haut) und das Gemüse in einer separaten Schüssel oder im Topf mit der Suppe servieren. Rühren Sie auf jeden Fall nicht mehr allzu viel um, da die Fische sonst zerfallen.
Den Eintopf mit Weißbrot servieren. Es darf mit Löffel und Finger gegessen werden. 


Noch besser... ein Feuer im Garten machen

Der Eintopf eignet sich auch für den Kessel am offenen Feuer. Die Suppe (ohne Fischeinlage) wie beschrieben vorbereiten und im Kessel über Holzfeuer erwärmen. Währendessen das Gemüse am Grillrost zubereiten bis es richtig dunkle Stellen aufweist. Das gibt nochmal eine Extraportion Röstaromen. Wenn diese dann zur Suppe kommen, macht es Puff und hebt so richtig ab! Das Gemüse besser nach dem Rösten zerteilen, also das Kraut nur achteln, Paprika ganz lassen und für die Zwiebel und Tomaten einen Gemüsekorb verwenden, damit nix durch den Rost fällt. Rösten Sie auch noch unbedingt eine Knoblauchknolle im Ganzen samt Schale mit. Die Zehen erst am Schluss herauslösen und aufs fertige Brot streichen, welches sich im übrigen ebenfalls am Feuer gut rösten lässt. Sobald das Gemüse fertig ist, den Kessel vom Feuer nehmen, die Fische einlegen, durchziehen lassen und servieren wie beschrieben.

Fischfond

Der Eintopf schmeckt mit selbstgemachtem Fond natürlich am besten. Eine echte Fischertochter hat dafür immer reichlich Karkassen und Fischköpfe im Tiefkühler oder noch besser der Papa liefert frisch - fertig filetiert und die Fischreste separat verpackt.

Die Fischkarkassen (nur von Süßwasserfischen und bei den Köpfen die Kiemen entfernt) in einen Topf geben. Je Kilo ein kleines Bund Suppengrün (Karotte, gelbe Rübe, Petersilwurzel, kleines Stück Lauch und Sellerie) in Stücke schneiden und dazugeben. Mit 1/2 TL schwarzen Pfefferkörner würzen, viel mehr braucht es nicht, salzen und mit soviel kaltem Wasser aufgießen, dass alles zweifingerbreit bedeckt ist. Erhitzen, kurz vor dem Aufwallen die Hitze zurücknehmen, den Schaum abschöpfen und ohne Deckel ungefähr 30 Minuten sanft dahinsumpern lassen (bis knapp vor dem Aufkochen). Durch ein Sieb seihen und sofort verwenden oder kochend heiß in sterile Schraubgläser füllen, verschließen und für zehn Minuten auf den Kopf stellen. Danach umdrehen und zur Gänze auskühlen lassen bevor sie die Gläser zur Aufbewahrung in den Kühlschrank stellen (je nachdem wie sauber Sie gearbeitet haben halten sie dort über mehrere Wochen)

Mit Tomatenkernen geröstetes Weißbrot (Fleißaufgabe bei wässrigen Tomaten)

Die Tomaten für den Eintopf von den Kernen befreien. Diese in einer Schüssel auffangen, salzen und etwas Olivenöl dazugeben. Mit der Gabel zerquetschen. Weißbrot in dicke Scheiben schneiden, einlegen, ansaugen lassen, wenden und so durch die Tomatenkerne ziehen, dass möglichst viel daran haften bleibt. In einer Pfanne mit heißem Butterschmalz goldbraun rösten (geht leider nur in der Pfanne, nicht am Grill).



@Papa... Pst! Nächstes Mal Stöpsel ziehen nicht vergessen ;-))



Lieben Gruß aus Wien,

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9 comments:

  1. Es sollte anscheinend wirklich Karpfen sein. ;) [...vom Karpfen ... oder anderen Süßwasserfische (z.B. Karpfen, ...)] Dann schauen wir mal welche Fische meine Fischfrau am Freitag mithat. Klingt fantastisch.

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    1. Ghhh, schon ausgebessert :-)) Danke für den Hinweis. Ich wünsche gutes Gelingen.

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  2. Könnte man aber auch im Dutch Oven probieren, oder?

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  3. Toll! und das ganze garniert mit einem schönen 130ger auf Bild 4... was gibt's besseres ? ;-)
    LG Axel

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  4. Liebe Frau Zii,
    Durch Zufall bin ich über Ihren Blog gestolpert (welch wundervolle Begebenheit, ja gar lebensverändernd..)
    Und habe mir zum Geburtstag ihr Kochbuch geschenkt.
    Ich muss sagen, es ist mit großem Abstand, das Beste, authentischste und herrlichste österreichische Kochbuch, das mir je begegnet ist!
    Vielen Dank. Ein Meisterwerk. Große Liebe!!!!! Und schon vielfach weiterverschenkt.
    Mit besten Grüßen, Julia eine echte Wienerin

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  5. Herrliche Bilder! Vielen Dank für den Tipp :)

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  6. wow, das ist wieder mal so schön beschrieben. Wunderbar. Ich suche schon seit Wochen ein tolles Rezept für Fischsuppe; jetzt habe ich es gefunden. Vielen Dank. Es hört sich so sehr appetitlich an. Wirklich Klasse. LG Sonja

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  7. Sehr beeindruckenden Bilder und wie schlicht die Küche und alles weitere Aufgebaut ist, dennoch bleibt man Kulinarisch nicht auf der Strecke wie man sieht und dazu noch so eine wunderschöne und ruhige Kulisse .
    Da schmeckt der Pannonische Fischeintopf doch gleich doppelt so Lecker .

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