Kriecherlröster mit Zimtblüten oder Die letzten Tage des Sommers

Unlängst fand sich der Opa aus dem Burgenland im Krankenhaus wieder. Nennen wir es jugendlichen Leichtsinn. Jedenfalls ist er schon wieder auf dem Weg der Besserung und bald zu neuem Unfug bereit. Bis dahin schaut der Herr Ziii im Haus nach dem Rechten und letztes Wochenende durfte ich ihn begleiten, denn im Garten waren die ersten Kriecherl reif. Sonst lässt er mich lieber zu Hause. Ich nerve beim Autofahren, meint er, weil ich nach jeder Straßenkurve hysterisch 'Stop!' schreie und dann die nächste Viertelstunde voll peinlich mit der Kamera am Straßenrand hockerl, als tät ich pieseln. Aber ich mag halt die spätsommerliche, pannonische Graslandschaft sehr gern und diese wird nun mal von bodennaher Vegetation geprägt. Die Besichtigung per Auto empfielt sich, denn wandern ist im Burgenland ganz arg fad.





Letzten Sonntag war der Herr Ziii gnädig. Er nahm sich einerseits alle Zeit der Welt und andererseits sein iPad mit, was ihn gelassen im Auto ausharren lies (Austria Wien gegen RB Salzburg, you know) während Frau Ziii sich vom Straßenrand aus in die Puszta schlug, um hernach schwitzend und fluchend mit Viechern und Kletten an der Hose wieder einzusteigen... bis zur nächsten Kurve. Endlich fertig mit der Fotografiererei, waren wir beide aber erst recht unrund. Der Herr Ziii weil seine Fußballmannschaft nicht gewonnen hatte und ich wegen der Juckerei. Es dürstete uns nach Speis und Trank und da es vom Opa nicht weit war, landeten wir samt iPad und Kamera beim Heurigen. Traubensaft, Gemüsekörberl und knuspriger Feuerfleck mit Speck... und alles war wieder gut...

Die Nachspeis hing am Baum in Opas Garten. Diesmal musste der Herr Ziii schwitzen...
... während das Pferd vom Nachbarn darauf wartete, dass ich ihm Obst über den Zaun schieße, so wie der Opa es sonst auch tut, wurscht ob drüben ein Pferd steht oder nicht...

Doch die erste Ernte war mager. Ich behielt sie gemeiner Weise ein... bis auf ein paar wurmige Äpfel, die am Boden lagen.

Beim Fräulein Ziii stieß das Mitbringsel auf großen Anklang. Das Kind erklärte Kriecherl zum Lieblingsobst der Woche, was ausgesprochen gut für mich war. Wann immer des Fräuleins Gemüt heiter bis sonnig ist, ergeben sich für mich nämlich ein paar schöne Fotos, die ich Ihnen auch noch schnell zeigen muss, bevor wir uns dem eigentlichen Thema, nämlich der besten Verwendungsmöglichkeit von Kriecherl widmen...

Die daraufolgende Woche regnete es förmlich Kriecherl und das Fräulein ward ihrer bald überdrüssig. Frau Ziii musste sich Gedanken über eine anderwertige Verwendung derselbigen machen und die Wahl fiel auf Kompott, aus dem am Ende ein Röster wurde. Normalerweise geht Kompott ruck-zuck. Doch am Wochenende hatte ich einen Schweinsbraten im Rohr und lies die Früchte bei Niedertemperatur über eine Stunde mitsumpern, was ein überraschendes und sensationelles Ergebnis brachte. Der Backofen kitzelte Kraft und Saft aus den Kriecherl und hinterließ herrlich würzige Früchte in superaromatischem Sirup. Nicht zu dick, aber doch merklich dichter als in einem Topf am Herd. Trotzdem waren die Kriecherl nicht gatschig und behielten ihre Form. An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, dass der edle Geschmack auch ein bisserl mit den Zimtblüten zu tun gehabt haben mag, die ich den Früchten zuvor untergejubelt hatte. Ich nahm auch braunen Zucker, keinen weißen, welcher mit seiner dezenten Karamellnote und schönen Farbe das seinige dazu beigetragen haben könnte.

Wie auch immer, möchte ich das Gelingen zum Anlass nehmen, Ihnen jene Töpfe vorzustellen, in denen ich den Röster nun schon mehrere Male zubereitet habe und die seit einigen Monaten meine Küche zieren. Wie Sie vielleicht schon in einem früheren Post erfahren haben, konnte ich die österreichische Firma Riess Emaille als Sponsor für mein Buchprojekt gewinnen. Das lag mir sehr am Herzen, schrieb ich einst schon mal...

"... Sie ist eine der letzten überlebenden Emaillemanufakturen in Europa und seit über hundert Jahren in Familienbesitz. Ich bin mit den bunten Schüsseln, Töpfen und Pfannen aufgewachsen, so wie meine Mutter und Großmutter schon. Mein allererster Kochversuch kam als zuckriges Apfelkompott daher, und zwar in einem rosaroten Emaillestielpfandl von Riess, da war ich fünf Jahre alt. Heute besitze ich eine umfangreiche Sammlung an alten und neuen Teilen. So manch aufmerksamen Leser wird das vielleicht schon aufgefallen sein...'

Es freut mich daher besonders, dass sich nun auch die modernen Aromapots hinzugesellen durften und ich um ein paar schicke Töpfe reicher bin. Die Aromapots sehen nämlich nicht nur gut aus, es lässt sich auch wunderbar mit ihnen kochen, weswegen sie in kürzester Zeit meine Edelstahltöpfe in die wohlverdiente Pension schickten. Mein Liebling ist übrigens der kleine, blaue. 


Kriecherlröster aus dem Backofen mit Zimtblüten

  • 1/2 kg Kriecherl
  • 1 TL Zimtblüten (in Wien zum Beispiel bei Babette's) oder ersatzweise eine kleine gebrochene Zimtstange 
  • 2-4 EL brauner Zucker, je nach Süße der Früchte - nicht zu verwechseln mit Vollrohrzucker
  • 2 EL Portwein oder ersatzweise Rotwein oder Wasser


1 Die Kriecherl waschen und entsteinen. Bei den meisten Sorten lässt sich der Stein mit einem Kirschenentkerner gut entfernen. So müssen Sie die Früchte nicht halbieren, wodurch diese ihre Form besser behalten.

2 Tropfnass in einen genügend großen Topf geben, sodass die Früchte in maximal zwei Lagen übereinander liegen. Die zweite Lage sollte aber nur mehr halb so dicht sein, wie die darunterliegende. Sie erzielen sonst nicht den gewünschten Effekt.

3 Zimtblüten dazu geben und den Zucker einstreuen. Mit dem Portwein übergießen und alles gut vermischen.

4 Im Backofen (vorgeheizt oder nicht ist egal) bei 110°C ungefähr 70-90 Minuten garen (bis sich der Saft auf das gewünschte Maß reduziert hat) Nicht zudecken! Nicht mehr umrühren! Lediglich nach der ersten halben Stunde einmal kurz durchschwenken.


Der Backofenröster funktioniert übrigens auch mit Pfirsichen oder Zwetschken gut. (Nachtrag... Zwetschken brauchen deutlich länger und etwas mehr Flüssigkeit. Am besten vierteln, zusätzlich 2-4 EL Wasser dazugeben und mindestens 2 Stunden im Ofen lassen)

Alle weiterführenden Links

Die Homepage der Firma Riess Emaille finden Sie hier,
mehr zu den Aromapots erfahren Sie auf dieser Seite.
Zimtblüten gibt es in Wien (und ganz Österreich via Onlineshop) zum Beispiel bei Babette's
oder in Deutschland bei Ingo Holland.
Auf der Seite der Turbohausfrau, einer Bloggerkellegin, finden Sie außerdem eine stattliche Anzahl interessanter Kriecherlrezepte, wie zum Beispiel einen chinesischen Schweinebauch mit Kriecherlsauce, eine georgische Kriecherlsauce oder Kriecherl-Ribisel-Marmelade.



Lieben Gruß aus Wien,


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9 comments:

  1. Oh, noch ein leckeres Rezept mit Kriecherln. Bei uns heißen die kleinen Früchtchen, die offensichtlich unzählige Namen haben, allerdings Zipperle. Ich mag sie auch sehr gerne und bin immer froh über neue Ideen. Gerade bereite ich ein Zipperle-Eis zu und bin schon sehr gespannt, wie es schmeckt.
    LG Melli

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    1. Liebe Melli, Dein Zipperlekuchen schaut gut aus. War er bei Dir auch sehr feucht am nächsten Tag? Bei der Turbohausfrau habe ich nämlich den Hinweis gefunden, dass Kriecherlkuchen am besten frisch schmeckt, weil er zu safteln neigt. Am nächsten Tag ist er oft durchgeweicht. Deshalb habe ich lieber Röster gemacht. Und dabei auch festgestellt, dass die Früchte sehr viel Saft abgegeben haben. Lieben Gruß von Frau Ziii

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    2. Hallo Frau Ziii,
      das freut mich, dass dir mein Kuchen gefällt.
      Die Frage kann ich leider nicht beantworten, da mein Kuchen den nächsten Tag gar nicht mehr erlebt hat. Bis ich geschaut habe, war er schon weg ;-)
      LG Melli

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  2. Oha, Frau Ziii liest bei mir? Das freut mich aber sehr. :)
    Leider sind hier die Kriecherln schon alle abgeerntet, die schätze ich wirklich sehr, weil ich hab's mit sauren Sachen.
    Deine Röster sind unübertrefflich! Zwetschkenröster mach ich nur mehr nach deinem Rezept, den Kriecherlröster probiere ich im nächsten Jahr.

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    1. Liebe Susi, natürlich lese ich bei Dir, wenn ich auch wenig kommentiere. Doch ich habe gerade ein Kochbuch zum Thema Wiener Küche gemacht, dabei natürlich immer wieder gegoogelt um mir anzuschauen, wie denn 'andere typische Wiener' dieses oder jenes Gericht kochen (Gegencheck!). Nirgendwo sonst habe ich so viele typische Wiener Speisen gefunden wie auf Deinem Blog. Deine Rezepte sind großteils sehr authentisch, so wie ich sie auch gelernt habe zu kochen, oder wie sie meine Oma kocht, oder meine Schwiegermutter... oder wie ich sie in alten Kochbüchern gefunden habe. Seither lese ich immer öfter bei Dir. Lieben Gruß von Frau Ziii

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    2. Das freut mich jetzt aber sehr! :)

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  3. Der Sommer war einfach nur ein Hit. Und mit den richtigen Verlockungen kann man sich die warme Jahreszeit auch versüßen.

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  4. Echt tolle Fotos! Die machen gleich Lust auf mehr!

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  5. Ich liebe Riess - Email! Es ist irgendwie so was durch und durch Österreichisches - erinnert mich auch an meine Oma!

    Ursula

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