Almtaler Selchrahmsuppe oder je nach dem...


Es gibt im Almtal sicher Menschen, die Selchrahmsuppe kochen. Solche könnte man dann als Almtaler Selchrahmsuppen bezeichnen. Meine Selchrahmsuppe habe ich jedoch in Wien gekocht, weswegen sie aber noch lange keine Wiener Selchrahmsuppe ist, weil redet jemand von einer Speise, die eine regionale Bezeichnung trägt, ist er meist gar nicht von dort, von wo er redet. Ergo, bin ich nicht aus dem Almtal, wenn ich von einer Almtaler Selchrahmsuppe erzähle. Ich habe dort nur meinen Winterurlaub verbracht. Ich habe auch kein Rezept mitgebracht, nein, nur ein Stück Selchfleisch aus der hiesigen Fleischhauerei. Die Almtaler Selchrahmsuppe ist mehr das Ergebnis einer Assoziationskette, bestehend aus den Worten Winterurlaub - Almtal - Fleischhauerei - Selchfleisch - Selchrahmsuppe. Das ist durchaus legitim, meine ich, weil Wiener Würstchen ja auch nicht aus Wien kommen und Frankfurter, nicht aus Frankfurt, sondern aus Wien. Genau genommen, sind nicht einmal in Wien die Wiener Frankfurter, sondern einfach nur Wiartschln. Wiener heißen nur die, die in Wien Frankfurter essen. Außerdem bestellt in Wien der Wiener auch nicht explizit ein Wiener Schnitzel, weil was könnt' er sonst meinen, wenn er ein Schnitzel bestellt? Fragen Sie also besser nicht nach einer Almtaler Selchrahmsuppe, wenn Sie im Almtal sind. Es könnte sein, dass die Almtaler nicht wissen wovon Sie reden. Aber eine Rahmsuppe, die kennt in Oberösterreich ein jeder und je nach dem, wo genau Sie sich gerade befinden, bekommen Sie dann eine solche oder eine solche.
Wenn Sie zum Beispiel bei meiner Mutti sind, dann bekommen Sie eine Rahmsuppe immer aus einer geselchten Suppe serviert, wobei nicht die Suppe geselcht wird - sollten Sie das jetzt meinen -  sondern vielmehr ein Stück Geselchtes in der Suppe gekocht wird, weil ein Geselchtes ist ja eigentlich roh und muss gekocht werden. Übrig bleibt eine würzige Suppe mit leichtem Räuchergeschmack, die so mancher in den Abfluss kippt. Schön blöd!

  • 1/2 kg Selchfleisch, roh  - das zu bekommen, wird für Leser aus Deutschland bei diesem Rezept wohl die größte Herausforderung sein
  • 1 kleiner Bund Suppengrün - diese Zutat ist nicht zwingend, es geht auch ohne, trägt aber sehr zur geschmacklichen Abrundung bei; es reicht aber ein bisserl Sellerie, Petersilwurzel und Zwiebel oder Lauch
  • 1 TL schwarze Pfefferkörner
  • 4 Zehen Knoblauch, mit dem Kochlöffel zerquetscht
  • gut 1 Liter Wasser - das Fleisch sollte im Topf bedeckt sein
Das Suppengemüse putzen und grob zerkleinern. Alle Zutaten für die Suppe in einen Topf geben. Einmal kurz aufkochen lassen, Hitze reduzieren und 30-40 Minuten bei geschlossenem Deckel leicht dahin köcheln lassen bis das Fleisch durch ist. Die Suppe nicht salzen, da das Selchfleisch meist genügend Salz enthält. Anschließend die Suppe abseihen und wieder zurück in den Topf geben. Sie sollten jetzt noch ungefähr einen Liter Suppe haben. Das Fleisch in Stücke schneiden und warm stellen.

  • ca. 1 Becher (150-200g)  Sauerrahm - die genaue Menge richtet sich nach Ihrem Geschmack, sie können auch mehr nehmen, wenn Sie die Säure mögen oder auch ein bisschen weniger, wenn Sie sich langsam herantasten wollen
  • 1 gehäufter EL Mehl
  • 1/2 Knoblauchzehe
  • 1 großzügige Messerspitze gemahlener Kümmel
  • geriebene Muskatnuss
  • 1/4 TL Zucker, vielleicht ein bisserl weniger
  • eventuell Salz
Den Sauerrahm mit dem Mehl glatt rühren. Es dürfen keine Klumpen mehr im Rahmgmachtl sein. Die Knoblauchzehe durch die Knoblauchpresse in die Suppe drücken und aufkochen lassen, aber vorsichtig bitte mit dem Knoblauch - nicht zu übermütig, nur einen Hauch. Einen Schöpflöffel Suppe zum Rahmgmachtl geben und wieder gut verrühren, sodass dieses ein bisserl dünnflüssiger wird und Sie es besser in die Suppe einlaufen lassen können. Dann das Gmachtl unter ständigem Rühren mit dem Schneebesen in die Suppe einrühren. Einmal kurz aufkochen lassen und anschließend mit Kümmel, Muskat, Zucker und eventuell Salz abschmecken. Das Mehl sorgt dafür, dass die Suppe ein bisserl dicker wird und der Rahm nicht ausflockt beim Kochen. Oft wird bei einer Rahmsuppe noch zusätzlich mit Essig gewürzt. Mir ist aber die milde Säure des Rahms ausreichend.


Die klassische Suppeneinlage für Rahmsuppe, zumindest in Oberösterreich, ist geröstetes Schwarzbrot - dunkles, würziges Sauerteigbrot aus Roggenmehl, in Würfeln oder auch in ganzen Scheiben. Das Schwarzbrot, am besten altes, wird in einer Pfanne trocken geröstet oder getoastet, anschließend, solange es noch heiß ist, mit einer angeschnittenen Knoblauchzehe abgerieben und eventuell in Würfel geschnitten.

Zum Servieren das geröstete Brot und ein bisschen von dem Fleisch in einen tiefen Teller geben. Mit heißer Suppe aufgießen und, nach Geschmack, noch mit ein bisschen grob gestoßenem Kümmel bestreuen. Die Mutti gibt in die Suppe auch noch frischen Schnittlauch hinein. Ich habe aber um diese Jahreszeit keinen schönen gefunden, nur so letschertes, hellgrünes Zeug. Bekommen sie aber dunkelgrünen, festen Schnittlauch, dem beim Anschneiden richtig der Saft aus den Röhren quilt, nur zu. Einfach eine ordentliche Portion davon über die Suppe streuen.
Sie können aber auch Kartoffeln als Suppeneinlage verwenden, wie in dieser Rahmsuppe aus dem oberösterreichischen Mühlviertel. Ich sag ja, je nach dem, wo Sie halt herkommt, die Suppe. Bei einer Kartoffeleinlage würde ich persönlich zu einer sehr mehligen Sorte greifen, die beim Kochen schon fast von alleine zerfällt. Die Kartoffeln dann im Ganzen mit der Schale gemeinsam mit dem Selchfleisch in der Suppe garen. Rechtzeitig herausnehmen und schälen. Dann noch heiß mit den Fingern ein bisserl zerquetschen und in den Suppenteller setzen. Salzen, fertige Rahmsuppe darübergießen und fertig. Schnittlauch ist hier schon fast obligatorisch.

Die Schwiegermutter kommt aus dem ganz östlichen Teil Österreichs, dem Burgenland und kocht die Rahmsuppe mit Bohnensterz - aus Bohnen, Mehl und ordentlich Schmalz. Der Herr Ziii möcht' sich da drin gerne eingraben. Nur ein Glasers Schilcher dazu, macht ihn noch glücklicher. Das ist dann aber schon fast ein bisserl steirisch, wo Ihnen die Rahmsuppe mit Heidensterz aus Buchweizenmehl kredenzt wird. Und ich bin überzeugt, es gibt noch hundert andere Varianten Rahmsuppe zu essen, je nach dem...


Labels:

Share this:

7 comments:

  1. Herrlich! Wos an Weana ois ins Gmüat geht :-)
    Ja, da geht das Herz auf. Und an Gusta kriegt man. Wenn heute gestern wär, müßt ich morgen gleich auf den Naschmarkt gehen, G'söchts einkaufen. Aber so wart ich bis Montag und fahr dann zum Klaghofer nach Mauerbach, und kauf dort auch gleich a Blunzn. Bei deinem Artikel wächst der Appetit auf Cholesterin, in echtem und wahrhaftigem Schmalz gebraten.

    AntwortenLöschen
  2. hupe, es gibt Tage, da kenne ich das Wort Cholesterin nicht ;-) Den Klaghofer in Mauerbach übrigens auch nicht. Hat der eine g'scheite Blunzen? Die sind nämlich in Wien und Umgebung sehr rar gesät?

    AntwortenLöschen
  3. Beim Lesen ist mir jetzt so schwindlig geworden...was wollt' ich noch sagen, ach ja, bei einem g'scheiten Metzger gibt's das auch in Deutschland, das Fleisch, nicht die Suppe. Ich will die gar nicht kochen, ich möcht' am liebsten gleich essen. :)

    AntwortenLöschen
  4. Ja, der hat a g'scheite Blunzen.
    Da gibt es diesen Wettbewerb http://www.boudin-mortagne.com/allemand.htm da haben schon viele eine Medaillie gewonnen. zB http://members.aon.at/klaghofer-schinken/ und http://www.meiringer.at/folge.htm (auch am Sa am Naschmarkt) und http://www.dormayer.at/ uva.
    Bon appétit

    AntwortenLöschen
  5. Sehr appetitanregend! Ich wusste nicht, dass das Almtal am Balkan liegt - so viel Knoblauch ;-) . Die regionalen Rahmsuppn-Unterschiede sind schon spannend!
    Ich glaub, die groesste Herausforderung ist heutzutage, so ein gutes Xoechts zu bekommen, dass die Suppe eine gute xoechte Suppn wird und keine Chemiebruehe, die man im Sondermuell entsorgen muss.

    AntwortenLöschen
  6. Absolute Lesefreude, der ganze Blog. Und die Bilder. Und die Rezepte. Und überhaupt das exotisch-Wienerische halt.

    AntwortenLöschen
  7. Das sieht super lecker aus. Erinnert mich an meine Kindheit :-)

    AntwortenLöschen