Parmesansuppe, total individualisierbar oder höhere Suppenmathematik

Ich habe einen Freund... nennen wir ihn G. Tausend Mal habe ich schon bei ihm gegessen und jedesmal war es fantastisch, doch jetzt stellt sich heraus, dass er nicht kochen kann. Wie das geht? Nun, es verhält sich so: Der G kochte immer gemeinsam mit seiner Frau und immer hatte er dafür ein Rezept. Dieses arbeitete er dann 1. und 2. und 3. ab. Seit neuestem ist er aber Singel und besitzt in seinem husch, husch gegründeten Haushalt nun kein einziges Kochbuch mehr. Jetzt könne er auch nicht mehr kochen, denn ohne Frau und Rezept, sei er aufgeschmissen, zumindest beim Kochen, meint ER. Gibt's ja nicht, denke ICH mir. Jemand, der schon tausend Mal nach Rezept gekocht hat, muss doch beim tausendundeinstenmal auch ohne Rezept was zu Stande bringen.
Er aber bleibt dabei und meint ganz konsequent, ohne Anweisung ginge sicher nix, das wisse er genau! Also möge ich ihm doch bitte schnell ein Rezept rüberschieben für irgendwas mit Topinambur, denn ein Freund hätte ihm ein ganzes Sackerl davon geschenkt. Er habe leider keine Ahnung, was mit den Topinamburen anzustellen sei und im Kochbuch nachschauen könne er nicht, denn die habe ja alle die Ex.
Genau, lieber G, ich lerne heimlich Kochbücher auswendig, als gäbe es ohne Rezepte keine guten Köche. Warte, ich schlag kurz in meinem Inhaltsverzeichnis nach. 

Aaah ja, lieber G, da hammas, speziell für Dich: 


Die total flexible Parmesansuppenalgebra mit Erfolgsgarantie

Das Grundrezept ist einfach und lautet

PS = X + Y + Z  + c


PS... ist die Abkürzung für Parmesansuppe
X,Y, Z ... sind die Variablen im Rezept und sind Elemente der Menge aller Gemüsesorten, die für Dich frei wählbar sind
c... ist die Konstante in der Rezeptur, die sich im Wesentlich zusammensetzt aus Gemüsebrühe, Parmesan, Obers, Salz und Pfeffer. Dazu komme ich aber noch später.

Zuerst beschäftigen wir uns mit den Variablen X,Y und Z. Die sind, wie bereits erwähnt, beliebig wählbar, allerdings mit der Einschränkung, dass Du aus der Menge der Dir bekannten Gemüsesorten nur jene auswählst, die aufgrund ihres hohen Stärkegehaltes besonders gut für Cremesuppen geeignet sind. Das sind vor allem Wurzelgemüse.

Kartoffeln...K
Süßkartoffeln...Sk
Kürbis...Kü
Topinambur...T
Pastinaken...Pa
Petersilwurzel...Pe
Sellerie...S
Karotten...Ka

Um eine g'schmackige Suppe mit mehreren Geschmacksebenen kochen zu können, wählst Du also drei der oben genannten acht Sorten aus. Die Auswahl richtet sich dabei nach Deinen persönlichen Vorlieben, saisonalen Gegebenheiten, Anlass und was halt sonst noch so ansteht. Daraus ergeben sich die verschiedensten Kombinationen. Mathematisch gesehen entspricht das einem Urnenmodell mit Ziehung in ungeordneter Reihenfolge und ohne Zurücklegen, weil die Reihenfolge der Zutaten in der Suppe wurscht ist und Du ja drei unterschiedliche Geschmacksrichtungen haben möchtest. Klar?

Die Kombinationsmöglichkeiten könntest Du jetzt händisch auszählen:
KSkKü, KSkT, KSkPa, KSkPe, KSkS, KSkKa, so und jetzt KKüT, KKüPa, KKüPe, ... und so weiter bis zu PaSKa, PeSKa
Dauert aber zu lange und ist urmühsam. Mithilfe der Kombinatorik ergibt sich das rechnerisch wie folgt: 



wobei n die Anzahl der Wurzelgemüse und k die Anzahl der tatsächlich verwendeten Gemüse ist. Bei Auswahl von drei Sorten aus den acht oben genannten Gemüsesorten ergeben sich dann 56 verschiedene Möglichkeiten - also 56 !!! verschiedene Suppen - die Du mit einem einzigen Rezept kochen kannst. Und selbst wenn Du nur zwei der genannten Gemüsesorten auswählst, ergeben sich noch immer 28 verschiedenen Möglichkeiten, also 28 verschiedene Suppen.

Nach Lust und Laune, könntest Du die Gleichung jetzt noch erweitern und zwar so

PS = X + Y + Z  + U + V + W + c

U,V,W ... sind ebenfalls Variablen, aber aus der Menge der verfügbaren Gewürze. Salz und Pfeffer zähle ich nicht dazu, denn die gehören zur Konstante c. Du kannst aus der folgenden Liste der Gewürze wählen, die alle miteinander wunderbar harmonieren.

Lorbeerblatt
Zimtstange
Anis
Fenchel
Koriandersamen
Kumin
geriebener Ingwer
Knoblauch

Das sind wieder acht. Wählst du davon zwei ergeben sich daraus wiederum 28 verschiedene Geschmackskombinationen, wählst du derer drei, sind es gar 56 Kombinationen - aber bitte nicht mehr wie drei.
Zusammen ergeben sich daraus 56 mal 56 Möglichkeiten (Hoffentlich stimmt das jetzt?!) Das heißt also, lieber G, Du kannst mit meinem Suppengrundrezept 3.136 !!! verschiedene Suppen produzieren. Damit habe ich jetzt Deinen "Ohne Rezept geht gar nix" - Status schlagartig in einen "Ich hab 3.136 Suppen im Repertoire" - Status geändert. Rein theoretisch könntest du Dir jetzt jeden Tag eine andere Suppe kochen und das 8,6 Jahre lang. Jetzt weißt Du auch warum Du wahrscheinlich nie im Lotto gewinnen wirst. 
Das Ganze könnte ich jetzt noch mit den Suppeneinlagen durchrechnen - Gemüsechips, Knoblauchcroutons, Speckkrusteln, Ravioli,... will ich aber nicht mehr. Ich möchte Dich nicht verwirren. Bisher war's ja einfach.

Ich verrate Dir, lieber G, auch noch meinen Favoriten. Der wäre nämlich die Süßkartoffel-Pastinaken-Kürbiskombination mit Gemüsechips. Und die geht so:
Der Einfachheit halber wähle ich die erste Variante, also 

PS = X + Y + Z + c
X...Kürbis
Y...Süßkartoffel
Z...Pastinake




























  • 1/4 Hokkaidokürbis
  • 1 kleinere Süßkartoffel
  • 1 Pastinake
  • ca. 1-1,5 l Gemüsebrühe oder auch Hühnersuppe
  • 1 Handvoll frisch gehobelter Parmesan, bloß keinen Packerlparmesan
  • 3 EL Schlagobers
  • Salz, frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
Für das Toping
  • eine kleine Extraportion frisch gehobelter Parmesan
  • fertige Gemüsechips als Suppeneinlage, z.B. von Pesendorfer
  • Chilliöl - ich verwende am liebsten sogenanntes "Rotes Öl" bester Qualität aus dem Asiasupermarkt 

Alle drei Gemüsesorten in Würfel schneiden und in einen Topf geben. Mit soviel Suppe aufgießen, dass die Suppe das Gemüse zwei Finger breit bedeckt, salzen und zum Kochen bringen. Die Hitze reduzieren und noch ungefähr 7-10 Minuten leicht köcheln lassen. Zur Probe das Gemüse mit einem Messer anstechen. Es muss sehr weich sein, aber noch nicht zerfallen, sonst schmeckt es schal. Jetzt den Parmesan dazugeben, gut verrühren, mit Obers aufgießen und mit frisch gemahlenem schwarzen Pfeffer würzen. Mit einem Stabmixer pürieren. Sollte die Suppe zu dick sein, kann jetzt noch mehr Brühe dazugegeben werden. In eine Suppenschüssel füllen, Gemüsechips einstreuen, noch etwas frischen Parmesan drüberhobeln und mit Chilliöl verfeinern - aber wirklich erst unmittelbar vor dem Essen, denn die Gemüsechips saugen sich an wie Backerbsen und schwimmen dann nur mehr letschert in der Suppe herum.






Das kann man sich doch merken, oder?

Noch ein Tip, falls auch Gewürze (U,V,W) verwendet werden: Alle Gewürze kommen gemeinsam mit dem Salz in die Suppe. Lorbeerblatt und Zimtstange am besten im Ganzen dazugeben, alle anderen Gewürze gemahlen. Vor dem Passieren der Suppe jedoch nicht vergessen, das Lorbeerblatt und die Zimtstange zu entfernen, ansonsten wirds g'scheit grauslich!

Und im übrigen, lieber G, komme ich gerne zum Essen zu Dir, weil ich bisher immer fantastisch
gegessen habe. Ein bisschen mehr Selbstvertrauen wäre echt ok. Du kannst das!

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6 comments:

  1. Na, wenn mir das mal in der Schule so erklärt worden wäre, dann hätte mich Mathematik sogar interessiert ;-). Und hat G. Topinambur nun in die Formel eingebaut?

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  2. Ja, Ellja, G hat. Und die Suppe soll auch wunderbar geschmeckt haben, obwohl G sagt, dass er in Mathe immer Fetzn g'schriebn hat. Ist halt doch nicht so schwer, wie die Lehrer immer tun ;)

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  3. Ich habe jetzt alle Fotos in Ihrem Blog angeschaut, und bin voller Bewunderung. Sie könnten wirklich so ziemlich alles appetitlich präsentieren. Wunderschön.

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  4. Liebe Frau Ziiii, die Frau Muriel liest schon länger ihren Blog und gestern hat sie mir ihren alten Eintrag zum "Freund, der nicht kochen kann" unter die Nase gehalten. Ich glaube, ich war auch so ein Freund, der nicht kochen kann, obwohl ich seit dreißig Jahren häufig hinter dem Herd stehe und schon viele Freunde meist gemeinsam mit Frau Muriel bekocht habe. Ich habe mich dabei aber eher als Sous-Chef verstanden, als eifriger Unterstützer, Gemüseschnibbler, Salatbereiter, Fleischbrater. Der Chefkoch, zumindest in meinem Kopf, war die Frau Muriel, alleine kochen konnte ich nur, wenn sie zumindest in der Wohnung war, bereit für meine meist überflüssigen Fragen, die ich mir mit Nachdenken auch selbst hätte beantworten können. Es scheint sich also vielleicht um ein geschlechterabhängiges Unsicherheitsgefühl zu handeln, das ihren Freund da nach der Trennung befallen hat, vielleicht hatte er es aber auch mit der Trennung schwer und er vermisst das gemeinsame Kochen mit seiner Frau. Alleine wollte er nicht oder meinte auch, es nicht zu können quasi als Trauerreaktion. Aber ich weiss ja nichts über die Umstände der Trennung. Ich weiss nur, das ich vor etwa zwanzig Jahren angefangen habe, unsystematisch Rezepte, die ich mit Frau Muriel meist gemeinsam gekocht habe, in ein Notizbüchlein zu schreiben, aus Angst, das mir dieser wunderbare Geschmack verloren gehen könnte, wenn Frau Muriel es sich einmal anders überlegt. Ein Teil meines Lebens wär mir da verloren gegangen, und das wollte ich verhindern. Natürlich hatte ich eigentlich Angst, das mir Frau Muriel verloren geht, aber bei uns geht immer alles über das Essen. Die Angst hat sich gelegt. Aus dem Notizbüchlein ist ein dickes, ungeordnetes Rezeptbuch geworden und mittlerweile kann ich auch ohne Frau Muriel kochen, obwohl ich es nicht muss.
    Es grüßt sie mit diesem sehr verspäteten Kommentar aus Hamburg,
    Frau Muriel und der Teller

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    1. Lieber Teller! Ich wünsche Dir und der Frau Muriel, dass ihr auf ewig miteinander kochen könnt und vielleicht wird aus dem dicken Rezeptbuch ja irgendwann einmal ein Foodblog ;-) Vielen Dank für Deinen schönen Kommentar und einen ganz lieben Gruß nach Hamburg von Frau Ziii

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  5. Liebe Frau Zii,

    auf Grund des überwältigenden Marktangebots heute habe ich wie verrückt Gemüse - vor allem Wurzelgemüse eingekauft. Diese Parmesansuppe hatte ich ja schon lange mal ins Auge gefasst und da mein Liebster meinte er müsste sich heute unabhängig machen, für den wollte ich die Suppe eigentlich kochen mit Knutsch ;-)... kochte ich die Suppe am Ende also doch gaaaanz allein für mich allein. Bei ihm gabs nur weißes Luftbrötchen mit Kaiserfleisch vom Metzger - pfff- kannn ja jeder und hat ja außer Kalorien keinen Nährwert... ne das war nix für mich...
    Meine Suppenformel war:
    Knutsch (ist doch so viel schöner als Steckrübe) + Süßkartoffel+ Wurzelpetersilie+ Knoblauch+Thymian+ Koriander+ Fenchelsamen+Kubenpfeffer+Langpfeffer (ja hört sich nach zu viel Gewürz an, aber es war von allem nur wenig) und es war am Ende sooo köstlich! DANKE DAFÜR! Einfach ein paar schöne, große Parmesanspähne darüber - mhhhhh lecker und glücklich
    Einen schönen Abend und auf Bald
    Wabbi

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